Don Pedro hat geschrieben: ↑4. Jun 2020, 22:30
3. Solidarität: Ja auch, das kann ich bei aller Härte gegenüber dem FCL nicht leugnen. Ich bin zwar einer der härteren Kritiker des FCL und seiner Kommunikationspolitik hier drin. Oftmals auch etwas überspitzt und bewusst provokativ. Und heute auch mit einem ernst gemeinten Post am Nachmittag. Aber ich wäre nicht mehr hier drin aktiv oder im Stadion, wenn mir der Verein am Arsch vorbei gehen würde. Irgendwo Idealismus, irgendwo verträumte Naivität, nenn es wie du willst. Zudem gibt es mir persönlich ein besseres Gefühl, wenn auch ich etwas dazu beitrage, dass der FCL liquid bleibt, als wenn es nur "die da oben" tun. Hat wohl einfach auch mit meiner persönlichen Wertehaltung zu tun, dass wenn ich viel fordere (und das tue ich), auch bereit bin viel zu geben. Eine grosse "Solidarität" seitens Fans kann zudem auch als Argument bei der Vereinsleitung für die künftige Ausrichtung eingebracht werden, da die Fans ein grosses Gewicht haben.
Ich verstehe deine Sichtweise, kann aber diesen Teil nicht unterschreiben. Ich finde es ein absoluter Witz hier von Solidarität zu schwafeln. Es macht mich fast schon grantig, dass das von dir kommt.
Es ist durchaus vorbildlich nicht nur zu fordern, sondern auch etwas zurückzugeben. Vor allem dann, wenn man auch etwas zurückerhält. Mit einem Rabatt auf die Artikel im Fanshop ist es dann aber nicht getan. Auch die Video- oder Audioformate von fcl-tv.ch oder vom FCL Radio sind an sich eine gute Sache. Leider sind dies allerdings weniger identifikationsstiftende Überlegungen die diesen Ideen seitens FCL zu Grunde liegen, sondern werden vielmehr als Möglichkeit der "Kundenbindung" gesehen. Das entspricht der Denkweise auf der Allmend. Das ist keine Unterstellung, sondern das ist einfach so. Wie lieblos man diese Aktion wieder hingeklatscht hat ist ja mal wieder typisch.
Solidarität hat etwas Gegenseitiges. Von mir wird Solidarität erwartet, während ich in Barcelona niedergeknüppelt werde? Man wartet heute noch auf ein versprochenes Statement seitens FCL. Versprechen bricht man nicht. Na gut, sie haben nicht gesagt, an welchem Montag oder Dienstag eine Stellungsnahme kommt. Aber eventuell ist auch da das Verständnis anders. Oder womöglich ist einfach die Solidarität zu diesem verabscheuungswürdigen System grösser als zu den eigenen Fans. Schlussendlich darf man sich auch mal die Relationen vor Augen führen: Zwei Personen, ganz oben, besitzen zusammen über zwei Milliarden Franken. Warum soll sich die Coiffeuse von Sektor B2 "solidarisch" zeigen? Wenn es um fünf Millionen Coiffeusen ginge hätte das natürlich eine Relevanz. Die einzelne Coiffeuse verhindert den "Untergang" nicht. Es sind auch nicht Milliarden nötig. Aber die beiden erwähnten sind ja nicht mal selber solidarisch zum FCL. Und es geht da nicht einmal darum, dass der eine nicht bereit ist ein FCL-Logo an "sein" (nicht unser) Stadion anzubringen oder Personen aufgrund ihres Aussehens diskriminiert oder sich sexistisch zeigt. Allgemein haben sie sich mit ihrem Verhalten bereits mehrfach unsolidarisch gezeigt.
Aber du und ich, wir sollen uns solidarisch zeigen? Ich soll jetzt ein FCL-Brot kaufen, gods no? Damit der FCL die Portokosten für einen Monat bezahlen kann? Oder wohin geht die Kohle denn? Die FCB-Spieler standen in der Kritik, weil sie ohne dieses Wissen nicht auf einen Teil ihres Lohnes verzichten wollten. Und ich finde völlig zu Recht, obwohl diese Leute genauso ein Teil meiner Kritik sind. Bei uns geht das Geld vielleicht nicht nach Indien, aber verunstaltet irgendwelche Werbeflächen der VBL. Mir kommt immer wieder das eine Bild in den Sinn wo eine auf nem Pferd sitzt und für die Saisonkarten wirbt. Mich schüttelt es jedes Mal wenn ich daran denke. Es hat sich seither eigentlich recht wenig geändert. Will ich dass dieser Gugus weiterhin bezahlt wird? Nein und jetzt habe ich in meiner Gedankenwelt die Hoffnung, dass sich beispielsweise da etwas ändern könnte. In welcher der drei Organisationen mit dem jeweils gleichen Präsidenten landet meine Kohle? Wem gegenüber soll ich mich solidarisch zeigen? Den Marketingangestellten, die mich jahrelang zur Weissglut gebracht haben? Na super. Dann lass ich es lieber.
Ey und man kann es auch umdeuten. Man kann beispielhaft "
So muss Fussball" als Forderungskatalog sehen. Natürlich. In meiner Wahrnehmung sind einige Punkte aber so selbstverständlich, dass man sie nicht einmal hätte ausformulieren müssen. Teilweise sind es vielmehr Befürchtungen als Forderungen. Es ist tragisch, dass man das aufschreiben muss und noch viel tragischer, dass der FCL in keinem Wort darauf eingeht und sich für einen Teil verpflichtet. Nicht jede Forderung muss man an den Gegenüber verkaufen und eine Gegenleistung erbringen. Gewisse Dinge darf man einfach erwarten. Kommt hinzu, dass wenn ich diese Liste durchgehe und ich mir die Fragen stelle "wem würde dies etwas bringen? würde dies dem FCL etwas nützen?" ich die zweite Frage vielfach mit ja beantworten könnte. Ist es dann noch eine Forderung? Man kann dies auch als solidarischen Akt der Unterstützung deuten.
Und jetzt plädierst du indirekt für den Systemerhalt, für das weitere Aufblasen dieser Blase. Die Vereine müssten jetzt bluten, sind aber noch nicht einmal verwundet. Der Fussball muss in dieser Form in Frage gestellt werden. Einem Alpstäg muss sein kaputtes Spielzeug verleiden. Jetzt nichts positives aus der ganzen Sache zu ziehen wäre so traurig, wirklich. Ich will den FCL nicht finanziell unterstützen, damit ich etwas am Leben erhalten kann, was ich vorher kritisiert habe und danach wieder kritisieren werde. Ein unlogischeres Verhalten kann man ja kaum an den Tag legen. Jetzt wäre die Chance das System zu überdenken und zum Ändern zu bringen. Und wenn es nur in dieser lokalen Ausprägung passiert. Stattdessen läuft es darauf hinaus, dass alles beim Alten bleibt. Na Gratulation! Warum soll ich mich gegenüber einem System solidarisch zeigen, dass sich in seiner Gesamtheit zutiefst unsolidarisch zeigt?
Ob man als einzelner den Solidaritätsbeitrag bezahlt oder nicht, ändert sowieso genau gar nichts. Ich finde, man muss überhaupt kein schlechtes Gewissen haben, wenn man sich sogar gegen eine Saisonkarte entscheidet. Ich werde es wohl grundsätzlich aus Bequemlichkeit automatisiert machen lassen und weil es sich für mich bisher, ja finanziell, gelohnt hat. Oder wie bis anhin, kurz vor dem Saisonstart, damit ich ausschliessen kann, dass bis dahin irgend etwas unverzeihbares passiert. Ob man sich jetzt für oder gegen eine oder mehrere der Optionen entscheidet sagt nichts über das Fansein aus. Geld wird nie etwas über das Fansein aussagen. Das ist eben genau der Unterschied zu den anderen "Partnern" und "Stakeholdern" usw.
Ob man sich als Masse entscheidet, kann tatsächlich ins Gewicht fallen, da gebe ich dir recht. Ich bezweifle aber dass eine "Solidaritätsbekundung" seitens der Fans irgend einen nachhaltigen Effekt hätte, wie du ihn dir erhoffst. Die klopfen sich da hinten auf die Schultern und denken, dass sie etwas supertolles geleistet haben und es mit diesem Trikot getan ist. Oder hast du das Gefühl, dass es anders ist? Wäre es nicht effektiver sich jetzt eben nicht scheinbar "solidarisch" zu zeigen, um aufzuzeigen, dass man etwas anderes unter Solidarität versteht. Um zu zeigen, dass man mit dem Konstrukt nicht zufrieden ist. Dass sie das eigene Schlamassel bitte selber aufräumen sollen. Ja, sie sind zu einem grossen Teil mitverantwortlich, dass sie heute da stehen wo sie jetzt stehen.
Was kann denn passieren, wenn man sich gemeinsam "unsolidarisch" zeigt? Wovor hat man Angst? Dass künftig die Forderung nach einer Stadionbeiz abgewiesen wird, welche vor allem dem FCL etwas bringen würde und deren Fehlen man sich gewöhnt hat? Wer soll ins Stadion kommen, wenn nicht die, die bisher gekommen sind? Ein Austausch des Publikums ist nur da möglich wo auch genügend Nachfrage vorhanden ist. Eventuell wird man dann auf diesen Teil der Besucher hören und nicht versuchen mit rosa Schals und Ballermannmusik Leute ins Stadion zu locken die maximal einmal kommen. Sie sollen endlich das tun, was die Leute wollen, welche im Stadion sind. Eventuell muss man mal nicht ins Stadion gehen, damit sie die Forderungen erfüllen und die Leute so ins Stadion lockt.
Aber ja, diese Meinung ist nicht mehrheitsfähig. Insofern, möched was ehr wend.