maré hat geschrieben:zu dem thema sei jedem das interview mit bh in der heutigen NZZ empfohlen! wohltuend! ja sogar ein seitenhieb richtung uefa!
oder an Stäger und seine Oligarchen.
Der FCB-Präsident Heusler im Interview«Dann muss man Menschen aus dem Stadion aussperren»
Herr Heusler, mit wem und wo werden Sie am Donnerstag das Europa-League-Hinspiel gegen Valencia schauen?
Wahrscheinlich werde ich mit Kollegen von der Klubleitung und mit Spielern, die nicht im Aufgebot stehen, irgendwo in der Nähe der Ersatzbank sitzen.
Warum werden Sie dort sitzen? Normalerweise sind Sie höher oben.
Weil es dort sicher einen freien Platz haben wird.
Daraus spricht Zynismus. Sie wirken etwas sauer.
Interpretieren Sie nichts. Wir werden alle dort sitzen – nehme ich an. Aber bei diesem Spiel kann ich mich spontan entscheiden, mich woanders hinzusetzen.
Als Sie letzte Woche an einer Pressekonferenz zum Urteil Stellung nahmen, sagten Sie nicht, was Sie persönlich zu diesem Entscheid der Uefa meinen.
Ich glaube, dass ich sagte, die Strafe entspreche den Reglementen oder der Spruchpraxis der Uefa. Auch wenn es um nationale Strafsanktionen ging, hatte ich früher stets gesagt, dass ich hinter Kollektivstrafen gegen alle Zuschauer nicht stehen kann. Aber darüber zu debattieren, wenn man bestraft wird, ist nicht der richtige Moment.
Ist das Urteil denn verhältnismässig?
Es ist reglementskonform, weshalb sich diese Diskussion erübrigt. Wir müssen erst darüber reden, wenn jemand die Reglemente ändern möchte.
Möchten Sie das?
Es ist nun wirklich nicht an mir, über die Uefa und Reglementsänderungen zu sprechen. Die Uefa sagt im Urteil klar, dass sie als Organisatorin keinen direkten Zugriff auf die Straftäter hat. Also bleibt der Zugriff auf die Klubs. Der Gedanke der Kollektivstrafe ist einfach: Es ist die Hoffnung, sie möge so tiefgreifend wirken, dass die Klubs alles nur erdenklich Mögliche und Unmögliche machen, um solche Ereignisse zu verhindern. Daneben soll ein Zeichen gesetzt werden, das alle Zuschauer spüren – wohl in der Hoffnung, auf diese Weise eine falsche Solidarisierung zu bekämpfen und eine Ausgrenzung der «schädlichen» Fans zu fördern.
Wir behaupten, dass dasselbe Vergehen in der Schweiz anders geahndet worden wäre – milder.
Das mag stimmen, aber nicht nur für die Schweiz. Auch in anderen nationalen Ligen würde ein solches Vergehen anders bestraft, weil überall ein anderer Standard herrscht. In Uefa-Wettbewerben ist man gewissen Gesetzmässigkeiten ausgeliefert. Man kann nicht auf der einen Seite die horrend hohen Prämien und Gelder einkassieren und auf der anderen Seite das Gefühl haben, man könne einen eigenen Standard leben, was das Verhalten der Zuschauer betrifft.
Müsste man diesen Standard in der Schweiz verschärfen?
Jetzt drehen wir uns im Kreis. Ich bin der Meinung, dass diese Art der kollektiven Bestrafung der Zuschauer problematisch ist hinsichtlich des Ziels, die Sicherheit an Fussballspielen zu verbessern.
Herrscht in der Uefa ein anderer Umgang mit den Fans als in der Schweiz? Betreibt sie eine andere Fan-Politik?
Das ist gar nicht das Thema. Der Vorfall von Salzburg hat nichts mit Fan-Politik oder Fan-Kultur zu tun. Es wurden Gegenstände geworfen. Das ist weder Ergebnis einer Fan-Politik noch Ausdruck einer Fan-Kultur, sondern ein nicht akzeptables Resultat eines emotionalen Ausbruchs.
Hat sich jemand, der Gegenstände warf, bei Ihnen für den Vorfall entschuldigt?
Nein.
Hätten Sie das erwartet?
Nein.
Sie sagen, es habe sich um einen emotionalen Ausbruch gehandelt. Da könnte man doch erwarten, dass sich die Werfer bei Ihnen melden, wenn sie wieder bei sich sind.
Das würde voraussetzen, dass mich diese Personen kennen. Nur so kann man sich entschuldigen. Aber das ist ja auch so eine Unterstellung: Man behauptet immer: «Ihr kennt diese Leute doch.» Aber so ist es nicht.
Sie, Herr Heusler, kennen diese Leute vielleicht nicht. Aber die betreffenden Leute wissen, wer Sie sind.
Ja, sie könnten anonym beim FCB anrufen. Aber ich glaube nicht, dass dies deren Weg der Aufarbeitung ist. Diese erfolgt intern in der Fan-Gruppe.
Und was ist Ihr Weg?
Wir haben gemeinsam mit Fans, die in Salzburg waren, über das Ereignis gesprochen, wie und warum es dazu gekommen ist. Daneben besteht das Ziel, Täter zur Verantwortung zu ziehen. Das findet auf einer anderen Ebene statt und ist eine Frage der Nachweisbarkeit. Auch das machen wir. Unser Sicherheitschef ist mit Salzburg in Kontakt, zudem sind meines Wissens Filmaufnahmen zwischen Strafverfolgungsbehörden ausgetauscht worden.
Oft wird von der Selbstregulierung der Fankurve gesprochen. Wissen Sie, ob es vor zwei Wochen Leute gegeben hat, die sich in Salzburg gegen die Werfer gestellt haben?
Das kann ich nicht sagen, weil ich es nicht weiss, vermute es aber. Generell muss man sehr aufpassen, dass man einzelne Menschen, die in den Fan-Kurven Verantwortung übernehmen, nicht genauso mit Erwartungen überfordert, wie man mich überfordert mit der Erwartung, mittels Fan-Politik Negativereignisse ausschliessen zu können.
Wie meinen Sie das?
Wenn ich ein Präsident wäre, der immer nur hinter einer Glasscheibe sässe, käme auch niemand auf die Idee, mich wegen dieser Vorfälle zu interviewen oder in die Verantwortung zu nehmen.
Sie haben an der Pressekonferenz auch gesagt, man dürfe nie glauben, die Kurve im Griff zu haben. Also steht auch Ihre Arbeit immer wieder auf dem Prüfstand.
Wenn man nur immer auf Ereignisse reagiert, gibt es nur Verlierer. Ich sage seit Jahren, dass wir einen Dialog führen in Basel. Das wird auch Basler Modell genannt. Und ich sage auch, dass wir das nicht überstrapazieren dürfen. Wir dürfen ja nicht den Eindruck erwecken, deswegen gebe es keine negativen Ereignisse und keine Repression. Sonst heisst es sofort, wir fahren einen Schmusekurs. Dialog ist Prävention. Und wer keinen Dialog führt, betreibt keine Prävention. Was soll daran negativ sein? Und was ist die Alternative? Kein Dialog? Und hätte dann niemand einen Gegenstand geworfen?
Gewissheit, dass nichts passiert, werden Sie nie haben.
Wenn man eine Garantie will, dass nichts geschieht, gibt es nur etwas: Dann muss man die Menschen in den Fan-Kurven mit ihrer hohen Emotionalität aus dem Stadion aussperren. Zum Beispiel mit einer Preispolitik und einer verstärkten Event-Orientierung in unseren Stadien. Damit sich diese Fans hier nicht mehr daheim fühlen. Aber ich finde, Fan-Kultur hat für den Schweizer Fussball und für den FCB einen Wert, für den ich auch eintrete.
Ist es aber nicht frustrierend, wenn Ihre Arbeit von wenigen torpediert werden kann?
Das gleiche Gefühl hat wohl auch der Polizeidirektor von Basel, wenn er nur an den Unfällen gemessen wird. Aber er muss sich daran halten, was funktioniert. Nur interessiert das niemanden.
Seit acht Jahren gibt es den Basler Weg. Wie viele Leute haben Ihnen jetzt geschrieben und gesagt: «Sehen Sie, Herr Heusler, Ihre Strategie ist gescheitert»?
Tatsächlich gab und gibt es neben unterstützenden Feedbacks heftige Reaktionen in diese Richtung. Aber interessanterweise waren die Reaktionen unmittelbar nach dem Ereignis von Salzburg viel zurückhaltender als nach dem Urteil. Die Welle kam erst nach dem Entscheid der Uefa. So ticken wir Menschen.