jossen hat geschrieben:Das soll jetzt hier kein Loblied für die USL werden, sondern ist an all diejenigen gerichtet die sich in den letzen 10-15 Jahren für den gemeinsamen Weg entschieden und diesen vorangetrieben haben, ob aktiv oder passiv, egal ob sie die Spiele auf der Stehplatztribüne oder in der Loge verfolgen und egal ob sie sich in oder ausserhalb der USL dafür eingesetzt haben. Auf unreflektierte Kritik möchte ich gar nicht eingehen, sondern die Leute lediglich darin bekräftigen, dass sie an diesem Weg festhalten sollen, egal wie sinnfrei und primitiv gewisse Anschuldigungen und Anfeindungen manchmal sind. Wenn man sich in diesem aktiven Umfeld aufhält muss man sich von «Arschlöcher» über «Kindergarten» bis hin zu «keine richtige Fans» alles anhören. In letzterer Aussage entlarvt sich der Kritiker selber als nicht wirklich weitblickender Mensch. Die Leute haben das Gefühl das Recht zu haben, darüber zu entscheiden was richtig sei oder was nicht. Inhaltslose Provokation bei der ich nur den Kopf schütteln kann.
Seit Jahren setzt man sich dafür ein, dass auf solche Beschimpfungen entweder nicht oder mit Anstand und Respekt entgegnet wird, obwohl man manchmal am Liebsten selber ausrasten würde ab so viel Unverschämt- und Undifferenziertheit. Und das alleine in der Hoffnung, dass einem irgendwann einmal das Mindestmass an Respekt entgegengebracht wird, um die Probleme, die man miteinander unbestritten hat, zu klären und auf Augenhöhe versucht auf die Wünsche und Kritiken des jeweils anderen einzugehen. Es ist unabdingbar, dass im heterogenen Umfeld eines Fussballspiels Kompromisse eingegangen werden müssen, weil so viele unterschiedliche Meinungen vorherrschen. In der Vergangenheit wurden viele solcher Kompromisse geschlossen oder man wurde von der besseren Meinung überzeugt und hat sie adaptiert. Bei solchen Anfeindungen ist jeweils die Gefahr da, dass die eingegangenen Kompromisse in Frage gestellt werden. Man fragt sich, für wen man sich den überhaupt in der jeweiligen Sache eingeschränkt hat, wenn das dann doch nicht geschätzt wird.
In Luzern kann man beobachten, dass beispielsweise mit Pyrotechnik ganz anders umgegangen wird als noch vor fünf Jahren. Damals wurden Knaller regelmässig eingesetzt und noch brennende Fackeln in den Unterrang geschmissen. Heute hört man bei FCL-Spielen praktisch keine Knaller mehr und man wird im Unterrang darüber informiert, dass es besser wäre sich noch eine Sitzreihe weiter oben zu platzieren, falls irgendwelche Funken oder Getränke nach unten fallen. Wahrscheinlich sind sogar mehr Fackeln im Stadion, als schlussendlich abgebrannt werden, weil die Verwendung spontan als unpassend oder kontraproduktiv eingestuft wurde und die restlichen wieder nach Hause genommen werden. Ungeachtet dessen, wie man zum Einsatz von Pyrotechnik steht, muss man dieses Faktum würdigen. Denn, man kann sich sicher sein, dass es noch immer Leute gibt, die Knaller für ein akustisches Stilmittel halten (ohne hier eine Diskussion darüber zu entfachen, ob sie es sind oder nicht) oder mit grossen Augen nach Polen oder sonstwo schauen, aber dennoch im Sinne des Ganzen darauf verzichten. Und das ist kein Verdienst der immer grösser werdenden Repression oder der ständigen Nörgler, sondern von Leuten die sich aktiv für Kompromisse einsetzen und Aufklärungsarbeit leisten. Im Gegenteil: Man hat es trotz aller Schwierigkeiten dennoch geschafft.
Am gestrigen Fahnenbasteltag boten die Fanarbeit und die USL die Möglichkeit, dass Kinder jeglichen Alters und jeder Herkunft ihre Leidenschaft zum Ausdruck bringen können. Am Ende waren rund 50 Kinder anwesend, die teilweise alleine, teilweise in Grüppchen oder gar mit ihren Eltern versucht haben ihre Ideen mit der Unterstützung freiwilliger Helfer und der Fanarbeit. Einige von diesen Kindern werden vielleicht in einigen Jahren die Begeisterung zum FCL verlieren, andere werden ein Leben lang mit ihm verbunden sein. Ganz egal, aber jedes Mal wenn man mit anderen Menschen in Kontakt tritt hat man auch die Möglichkeit seine eigenen Werte zu transportieren. In meinen Augen versucht die USL Wertvorstellungen wie Respekt, Loyalität, Unnachgiebigkeit, Treue und weitere zu vermitteln. Ein redliches Bemühen. Ob sie es schafft, sei dahingestellt. Aber ob jeder Nörgler dasselbe von sich behaupten kann, wage ich ganz schwer zu bezweifeln. Diese beschränken sich meist nur damit ihren eigenen Frust im Leben an anderen abzubauen. Teilweise fühlt man sich dabei von solchen Typen unfair behandelt. Aber ganz ehrlich: Sollen sie doch. Die USL ist im FCL-Umfeld die einzige grössere und auf freiwilliger Arbeit basierende Instanz, die noch ein aktives Vereinsleben gestaltet, bei dem Fleiss im Vordergrund steht. Vielen Vereinen, ob Pfadi, Ski-Club oder was auch immer sterben die Leute davon, die sich aktiv und ehrenamtlich einsetzen. Mit der USL wurde vor über zehn Jahren eine gegenteilige Entwicklung gestartet.
Es ist wichtig dass es so etwas noch gibt, ungeachtet dessen was man konkret von der USL hält. Die Welt hat einen ganz anderen Wert, wenn man merkt, dass man sich heute zwar alles kaufen kann, aber dass etwas, das durch Eigenleistung entstanden ist einen besonderen Wert hat. Die Kinder vom gestrigen Basteltag finden ihre Fahne in einigen Jahren vielleicht schrecklich. Aber sie hat für die meisten einen anderen symbolischen Wert, nämlich einen persönlichen, in welcher kein Geld steckt, sondern umso mehr Zeit und Erinnerungen. Sie bietet einen Kontrapunkt zu einer aus dem Fanshop gekauften Fahne, die man achtlos behandelt und durch eine neue ersetzt, wenn sie nicht mehr gefällt. Zu einer Eigenleistung trägt man Sorge und schätzt die Leistungen anderer. In der heutigen konsumorientierten Welt kann man sich alles kaufen und hat Erwartungen an das Gekaufte. Ohne mich "zu wichtig zu nehmen" (btw: ich beteilige mich praktisch nicht an der Stimmung), bin ich davon überzeugt, dass es unter den vielen Kritikern Leute gibt, die zwar über die USL motzen, aber deren Hauptproblem es ist, dass sie sich auf das Spiel gefreut haben und in ihrem Ticketkauf eine angemessene Stimmung inkludiert sehen. Richtige Kunden eben die nur konsumieren, aber nicht bereit sind sich selber zu engagieren! Beängstigend...
Derbies haben es so an sich, dass da nicht immer alles ganz sauber abläuft. Manchmal knallt es zwischen den Fangruppen, wie es bei früheren SCK-FCL Spielen auch war. Heimspiele gegen Lausanne haben weit weniger Zuschauer als solche gegen den FCZ oder den FCB. Das hat nur zum Teil etwas mit dem Sportlichen zu tun, aber mindestens genauso viel mit der Rivalität auf den Rängen. Würde man alle ultraorientierten Kurven aus den Stadien verbannen, wie sich das Einzelne von der USL, die sie damit nur bedingt gerechtfertigt gleichstellen, fordern, wäre der Fussball nicht im entferntesten so interessant wie er es heute ist. Es ist absolut heuchlerisch einerseits alles zu verteufeln was einem nicht passt und zum anderen dennoch zumindest unterbewusst eine Rivalität fordert. Es ist jeweils spannend beispielsweise auf Facebook die Profile solcher Kritiker auszuspionieren. Es ist erstaunlich wie viele dabei ihre Doppelmoral offenbaren. Da bleibt einem manchmal nicht mehr als ein ungläubiges Kopfschütteln.
Die Kurve ist ein selbstbestimmter Ort, der zwar zum "Event" beiträgt, aber an die man keine Ansprüche stellen darf. Man darf mit ihr interagieren, mit ihr diskutieren und sie versuchen zu beeinflussen, aber man darf ihr nicht vorschreiben wann und was sie zu singen hat oder wie sie sich zu verhalten hat. Die Kurve und mit ihr die aktive Ultra-Szene hat sich in den vergangenen Jahren um einiges geöffnet und die Kommunikation wird mittlerweile viel ehrlicher und auf Augenhöhe geführt, wodurch wiederum jeder willkommen ist seine Ideen und Kritiken einzubringen. Vielleicht ist in dieser heterogenen Masse nicht jede und jeder dazu bereit diese Kritiken aufzunehmen, aber wenn man wirklich Interesse daran hat etwas zu ändern, dann findet man sicher die richtigen Personen, mit denen man diskutieren und eigene Anliegen einbringen kann. Aber im Internet zu motzen ist so viel bequemer, als sich aktiv mit der Thematik auseinanderzusetzen.
Unwichtig, ob der Boykott-Aufruf nun sinnvoll oder kontraproduktiv war, die Absichten dahinter sind definitiv nicht unredlich. Wer so etwas behauptet hat leider wirklich keine Ahnung oder dem ist es scheissegal, ob der Fussball in 10 Jahren noch einigermassen so ist, wie wir ihn heute kennen oder vor einigen Jahren kennengelernt haben. Möglicherweise sollten solche Leute auch einmal an einem Sonntag nach Lausanne oder im Cup in die Provinz fahren, vielleicht als Zweck der Bewusstseinserweiterung oder als Lerneffekt. Über etwas das man gar nicht kennt zu urteilen ist vielleicht nicht gerade unfair, aber sicherlich sehr bequem.
Über die Form des Protestes gehen die Meinungen auseinander und das dürfen sie. Darüber wurde in den letzten Wochen eigentlich genügend geredet. Für die Leute, die mit der Entscheidung nicht einverstanden waren, sollte es ein Zeichen sein, sich vielleicht wieder etwas mehr einzubringen und die USL sollte im Umkehrschluss daraus lernen künftig aktiver auf Leute zu zugehen, die sich jetzt als Kritiker geäussert haben, wenn sie es nicht von sich aus machen. Die angestossene Diskussion darf man aber jetzt auf keinen Fall fallen lassen, sondern muss dran bleiben. Vielleicht hat man es als USL in der Vergangenheit auch verpasst die Werte, für die man steht, richtig zu vermitteln. Schlussendlich gibt es auch in der Kurve genügend Leute die einfach konsumieren. Die Kurve und damit verbunden unweigerlich auch die USL hat in den vergangenen Jahren immer wieder Fehler gemacht, aber im Nachhinein immer versucht daraus zu lernen. Ob man als USL Fehler gemacht hat und welche das sind, sollte man ihr selber überlassen, darf ihr aber sicherlich seine persönliche Meinung mitteilen.
Schlussendlich wird dieser Verein nur dann erfolgreich, wenn die ganze Region gemeinsam hinter ihm steht. Leider gibt es noch immer Leute, die sich weigern diesen gemeinsamen Weg zu gehen...
ganz starker beitrag. gehört in den entsprechenden thread