Re: Fussball Ausland
Verfasst: 27. Dez 2016, 20:13
WASSER-SÄCKLI, WACHTEL-EIER UND WODKA-ZITRONE
Kurz nach unserem Reisestart vermeldete ein Freund von uns, dass am 4. November in Yangon ein Fussball-Länderspiel angesetzt wurde. Sofort konsultierten wir die Agenda: Freitag, 4.11., das könnte in unseren Reiseplan passen. Und es passte. Myanmar gegen Indonesien, internationaler Freundschaftsmatch. Ein Fussballklassiker sondergleichen. Und ein Gaumenschmaus für jeden Liebhaber des filigran-akrobatischen Tschuttisports. Oder so was Ähnliches.
Nach gut zweieinhalb Wochen waren wir also wieder zurück in jener Stadt, in welcher das bislang so wunderbare Abenteuer Myanmar seinen Anfang nahm: In Yangon. Direkt eingetroffen aus dem ruhigen, kühl-erfrischenden Kalaw mussten wir uns zunächst wieder an die laute, hitzig-stickige Stadtluft gewöhnen. Viel Zeit dazu blieb nicht – bereits beim Bezug unseres Hotelzimmers wurden wir in breitem Berndeutsch begrüsst: „Tschou zäme“. Vodka Lemon, ein altbekanntbefreundeter Anhänger des Berner Sportclubs tauchte am Türrahmen auf. Hinter ihm folgte derjenige, welcher uns auf das Fussball-Länderspiel aufmerksam gemacht hatte: Thunder, ein Kollega aus Luzern. Die beiden nächtigten im Zimmer vis-a-vis – und hatten uns bereits bei der Ankunft gehört. Schön wieder einmal ein paar bekannte Gesichter zu sehen!
Das Duo bereist aktuell für ca. zwei Monate gemeinsam Südostasien. Für Vodka Lemon, welcher bereits seit fast einem Jahr mit dem Rucksack auf Weltreise bummelt, sind es die letzten Wochen seines grossen Trips. Selbsterklärend gab es also beim einen oder anderen „Myanmar“-Bierchen viele mehr oder weniger glamouröse Geschichten zu erzählen.
Tags drauf dann, war er gekommen: Der grosse Spieltag. Vor dem Match traf sich die illustre Runde um Thunder, Vodka Lemon, 57 und A. (letztere mit doch etwas aussergewöhnlichem Rufnamen, befand das Quartett) zum Warm-Up im vegetarischen Restaurant vis-a-vis des Hotels. Fried Tofu, vegane „Fleischbällchen“ und tellerweise Bananenschnitze, welche vom Küchenchef-Junior pausenlos nachgereicht wurden. Ein klassisches Pre-Fussball-Apero halt.
Mit Händen und Füssen guideten wir unseren Taxifahrer anschliessend zum ca. 40 Minuten entferneten Nationalstadion, deckten uns vor der Arena mit Fan-Ware ein (der in Schweizer Fussballstadien populär gewordene Schalumdenkopf-Trend scheint sich auch in Asien auszubreiten) und begaben uns – ausgerüstet und gewappnet – ins Innere des – von überdimensionalen „International Friendly Match“-Plakaten überzogenen – Thuwanna-Stadium.
Dabei querten wir Eingangskontrollen, welche viele myanmarischen Flughäfen alt aussehen lassen hätte (Wasserflaschen waren beispielsweise verboten). Im Stadion herrschte freie Tribünen- und Sitzwahl. Entsprechend konnten wir also auf der überdachten Haupttribüne Platz nehmen, obschon Vodka Lemon bei seinen „Main Stand“-Ticketkauf-Bemühungen am Billettschalter zuvor – trotz enthusiastischem Einsatz – auf wenig (sprachliches) Verständnis gestossen war.
Nun gut, das mit dem Platz-nehmen war dann doch nicht so simpel wie gedacht. Sitze hatte es zwar genügend (schlussendlich waren ca. 10‘000 der 30‘000 besetzt), doch saubere Sitze bzw. nicht komplett von Taubenkacke bedeckte, gab es effektiv nur bedingt viele. Nach etwas längerer Suche fanden wir dann doch noch ein paar Schalen, welche sich mit ein paar gekonnten Nastüechli-Wischern besitzbar machen liessen.
Das Spiel – auf dem etwas sandigen Rasen – konnte beginnen. Staubtrocken war mit fortschreitender Matchdauern allerdings nicht bloss der Rasen, sondern auch unsere Kehlen. In Sachen Gastronomie vermochte das ansonsten ausgesprochen sympathisch-halbverlotterte Thuwanna-Stadium von Yangon keine Ausrufezeichen zu setzen. Wir mussten einsehen: Nicht jedes Fussballstadion in Asien ist ein Thai-Army-Stadium. „Immerhin“: Fliegende Getränkehändler verkauften auf den Tribünen überteuertes Wasser im Plastiksäckli – lauwarm, dafür inklusive Strohhalm. In solchen Situationen lernt man den Bier-Boy von zuhause erst richtig schätzen. Selbst die grauenhafte, elektrisch erwärmte Migros-Bratwurst im Stadionersatzbau auf der Allmend hätte zudem Gourmetpunkte verdient im Vergleich zum Food-Angebot derselben Tribünenläufern: Wachteleier.
Ähnlich berauschend wie das kulinarische Angebot war auch die Fussballkost auf dem Spielfeld. Die beiden Mannschaften waren übersäht mit Wadenbeissern und Holzhackern. Zauberfüsse dagegen, waren ausgesprochen rar. Entsprechend gestaltete sich das Spiel in etwa im Gegenteil zu einem offenen Schlagabtausch. Alibipässe und Galeriedribblings gehörten über weite Strecken zu den absoluten Highlights. Und wenn dann n Verteidiger vor dem eigenen Tor den Ball – ohne Not – freundlicherweise dem gegnerischen Stürmer zuspielte, so offenbarte sich mal um mal, dass weder Myanmar noch Indonesien mit kaltblütigen Knipsern ausgestattet waren. Die Qualität der Partie pendelte sich auf heroischem Grümpelturinierniveau ein. Der einheimische Torwart unternahm nicht nur einen spektakulär-grobfahrlässigen Ausflug, die Freistösse landeten auch beim 5. Versuch immer noch in der Mauer und sobald eines der beiden Teams auch nur annähernd in die Nähe des gegnerischen Strafraumes vorzustossen drohte, setzte bei der jeweiligen Anhängerschaft ein wahrhaftiges Hysteriegekreische ein. Das Publikum fieberte also enthusiastisch mit – und wir ebenfalls.
Unser Quartett raufte sich nicht nur einmal die Haare, als das Heimteam vor dem Tor eine weitere gute Möglichkeit ziemlich stümperhaft versemmelte. Fast so wie zuhause eben. Sowohl FCL- wie auch YB-Anhänger können hierbei ja das ein oder andere Liedchen schreiben.
Zuletzt half weder die ominöse-sagenumworbene 57. Minute, welche von Seiten des einen Blogbetreibenden als „Wendepunkt“ des Spiels ins Feld geführt wurde, noch anschliessend die sogenannte YB- aka Myanmar-Viertelstunde, welche unser Berner Exponent als heils- bzw. torbringend ankündigte: Ein Tor wollte und wollte einfach nicht fallen. Selbst die 6 Zusatzminuten, die zu Spielende noch extra draufgeschlagen wurden, änderten daran nichts mehr. Endresultat: 0:0. Null zu Null.
Auch wenn das Spiel kein besonders sportliches und kulinaarisches Highlight war, so war der Besuch des Thuwanna-Stadions doch ein tolles und ereignisreiches Erlebnis.
Wir trauen Myanmar an den bevorstehenden Südostasien-Meisterschaften (Ab dem 19. November 2016; Myanmar als Gastgeber der Gruppe B spielt zuhause im Thuwanna-Stadium zunächst gegen Vietnam, Kambodscha und Malaysia) das Unglaubliche zu: Ein Tor. Allerdings wohl eher erst im zweiten Gruppenspiel gegen „Qualifikant“ Kambodscha.
Auf alle Fälle drücken wir fest die Daumen. My-an-mar!
Und wir wünschen Thunder und Vodka Lemon weiterhin eine genehme Reise. Vielleicht läuft man sich ja in Kambodscha wieder über den Weg. Wir würden uns freuen!
4. November 2016, Myanmar - Indonesia 0:0
Kurz nach unserem Reisestart vermeldete ein Freund von uns, dass am 4. November in Yangon ein Fussball-Länderspiel angesetzt wurde. Sofort konsultierten wir die Agenda: Freitag, 4.11., das könnte in unseren Reiseplan passen. Und es passte. Myanmar gegen Indonesien, internationaler Freundschaftsmatch. Ein Fussballklassiker sondergleichen. Und ein Gaumenschmaus für jeden Liebhaber des filigran-akrobatischen Tschuttisports. Oder so was Ähnliches.
Nach gut zweieinhalb Wochen waren wir also wieder zurück in jener Stadt, in welcher das bislang so wunderbare Abenteuer Myanmar seinen Anfang nahm: In Yangon. Direkt eingetroffen aus dem ruhigen, kühl-erfrischenden Kalaw mussten wir uns zunächst wieder an die laute, hitzig-stickige Stadtluft gewöhnen. Viel Zeit dazu blieb nicht – bereits beim Bezug unseres Hotelzimmers wurden wir in breitem Berndeutsch begrüsst: „Tschou zäme“. Vodka Lemon, ein altbekanntbefreundeter Anhänger des Berner Sportclubs tauchte am Türrahmen auf. Hinter ihm folgte derjenige, welcher uns auf das Fussball-Länderspiel aufmerksam gemacht hatte: Thunder, ein Kollega aus Luzern. Die beiden nächtigten im Zimmer vis-a-vis – und hatten uns bereits bei der Ankunft gehört. Schön wieder einmal ein paar bekannte Gesichter zu sehen!
Das Duo bereist aktuell für ca. zwei Monate gemeinsam Südostasien. Für Vodka Lemon, welcher bereits seit fast einem Jahr mit dem Rucksack auf Weltreise bummelt, sind es die letzten Wochen seines grossen Trips. Selbsterklärend gab es also beim einen oder anderen „Myanmar“-Bierchen viele mehr oder weniger glamouröse Geschichten zu erzählen.
Tags drauf dann, war er gekommen: Der grosse Spieltag. Vor dem Match traf sich die illustre Runde um Thunder, Vodka Lemon, 57 und A. (letztere mit doch etwas aussergewöhnlichem Rufnamen, befand das Quartett) zum Warm-Up im vegetarischen Restaurant vis-a-vis des Hotels. Fried Tofu, vegane „Fleischbällchen“ und tellerweise Bananenschnitze, welche vom Küchenchef-Junior pausenlos nachgereicht wurden. Ein klassisches Pre-Fussball-Apero halt.
Mit Händen und Füssen guideten wir unseren Taxifahrer anschliessend zum ca. 40 Minuten entferneten Nationalstadion, deckten uns vor der Arena mit Fan-Ware ein (der in Schweizer Fussballstadien populär gewordene Schalumdenkopf-Trend scheint sich auch in Asien auszubreiten) und begaben uns – ausgerüstet und gewappnet – ins Innere des – von überdimensionalen „International Friendly Match“-Plakaten überzogenen – Thuwanna-Stadium.
Dabei querten wir Eingangskontrollen, welche viele myanmarischen Flughäfen alt aussehen lassen hätte (Wasserflaschen waren beispielsweise verboten). Im Stadion herrschte freie Tribünen- und Sitzwahl. Entsprechend konnten wir also auf der überdachten Haupttribüne Platz nehmen, obschon Vodka Lemon bei seinen „Main Stand“-Ticketkauf-Bemühungen am Billettschalter zuvor – trotz enthusiastischem Einsatz – auf wenig (sprachliches) Verständnis gestossen war.
Nun gut, das mit dem Platz-nehmen war dann doch nicht so simpel wie gedacht. Sitze hatte es zwar genügend (schlussendlich waren ca. 10‘000 der 30‘000 besetzt), doch saubere Sitze bzw. nicht komplett von Taubenkacke bedeckte, gab es effektiv nur bedingt viele. Nach etwas längerer Suche fanden wir dann doch noch ein paar Schalen, welche sich mit ein paar gekonnten Nastüechli-Wischern besitzbar machen liessen.
Das Spiel – auf dem etwas sandigen Rasen – konnte beginnen. Staubtrocken war mit fortschreitender Matchdauern allerdings nicht bloss der Rasen, sondern auch unsere Kehlen. In Sachen Gastronomie vermochte das ansonsten ausgesprochen sympathisch-halbverlotterte Thuwanna-Stadium von Yangon keine Ausrufezeichen zu setzen. Wir mussten einsehen: Nicht jedes Fussballstadion in Asien ist ein Thai-Army-Stadium. „Immerhin“: Fliegende Getränkehändler verkauften auf den Tribünen überteuertes Wasser im Plastiksäckli – lauwarm, dafür inklusive Strohhalm. In solchen Situationen lernt man den Bier-Boy von zuhause erst richtig schätzen. Selbst die grauenhafte, elektrisch erwärmte Migros-Bratwurst im Stadionersatzbau auf der Allmend hätte zudem Gourmetpunkte verdient im Vergleich zum Food-Angebot derselben Tribünenläufern: Wachteleier.
Ähnlich berauschend wie das kulinarische Angebot war auch die Fussballkost auf dem Spielfeld. Die beiden Mannschaften waren übersäht mit Wadenbeissern und Holzhackern. Zauberfüsse dagegen, waren ausgesprochen rar. Entsprechend gestaltete sich das Spiel in etwa im Gegenteil zu einem offenen Schlagabtausch. Alibipässe und Galeriedribblings gehörten über weite Strecken zu den absoluten Highlights. Und wenn dann n Verteidiger vor dem eigenen Tor den Ball – ohne Not – freundlicherweise dem gegnerischen Stürmer zuspielte, so offenbarte sich mal um mal, dass weder Myanmar noch Indonesien mit kaltblütigen Knipsern ausgestattet waren. Die Qualität der Partie pendelte sich auf heroischem Grümpelturinierniveau ein. Der einheimische Torwart unternahm nicht nur einen spektakulär-grobfahrlässigen Ausflug, die Freistösse landeten auch beim 5. Versuch immer noch in der Mauer und sobald eines der beiden Teams auch nur annähernd in die Nähe des gegnerischen Strafraumes vorzustossen drohte, setzte bei der jeweiligen Anhängerschaft ein wahrhaftiges Hysteriegekreische ein. Das Publikum fieberte also enthusiastisch mit – und wir ebenfalls.
Unser Quartett raufte sich nicht nur einmal die Haare, als das Heimteam vor dem Tor eine weitere gute Möglichkeit ziemlich stümperhaft versemmelte. Fast so wie zuhause eben. Sowohl FCL- wie auch YB-Anhänger können hierbei ja das ein oder andere Liedchen schreiben.
Zuletzt half weder die ominöse-sagenumworbene 57. Minute, welche von Seiten des einen Blogbetreibenden als „Wendepunkt“ des Spiels ins Feld geführt wurde, noch anschliessend die sogenannte YB- aka Myanmar-Viertelstunde, welche unser Berner Exponent als heils- bzw. torbringend ankündigte: Ein Tor wollte und wollte einfach nicht fallen. Selbst die 6 Zusatzminuten, die zu Spielende noch extra draufgeschlagen wurden, änderten daran nichts mehr. Endresultat: 0:0. Null zu Null.
Auch wenn das Spiel kein besonders sportliches und kulinaarisches Highlight war, so war der Besuch des Thuwanna-Stadions doch ein tolles und ereignisreiches Erlebnis.
Wir trauen Myanmar an den bevorstehenden Südostasien-Meisterschaften (Ab dem 19. November 2016; Myanmar als Gastgeber der Gruppe B spielt zuhause im Thuwanna-Stadium zunächst gegen Vietnam, Kambodscha und Malaysia) das Unglaubliche zu: Ein Tor. Allerdings wohl eher erst im zweiten Gruppenspiel gegen „Qualifikant“ Kambodscha.
Auf alle Fälle drücken wir fest die Daumen. My-an-mar!
Und wir wünschen Thunder und Vodka Lemon weiterhin eine genehme Reise. Vielleicht läuft man sich ja in Kambodscha wieder über den Weg. Wir würden uns freuen!
4. November 2016, Myanmar - Indonesia 0:0