"Alles war amateurhaft und frustrierend!"
Seit dem ersten 1. September arbeitet Physiotherapeut Frank Arndt für den bulgarischen Erstligisten Chernomorets. Rückblickend auf sein Engagement beim FC St. Gallen fällt er ein vernichtendes Urteil über die medizinische Abteilung des Vereins.
Frank Arndt hat sein neues berufliches Glück am Schwarzen Meer gefunden. Er arbeitet seit seinem freiwilligen Abgang aus der Ostschweiz seit dem 1. September in der bulgarischen Hafenstadt Burgas beim dortigen Erstligisten PSFK Chernomorets. Über 2'500 Kilometer von St. Gallen entfernt wartet eine neue aber dennoch nicht ganz unbekannte Herausforderung auf den Deutschen: "Krassimir Balakov wollte mich schon im Januar nach Bulgarien lotsen", berichtet Arndt. Der ehemalige FCSG-Trainer, der im Juni 2008 geschasst wurde, nachdem er den Abstieg in die Challenge League nicht verhindern konnte, wurde nach seiner Entlassung beim FC St. Gallen von Chernomorets engagiert. Neben Balakov fungiert dessen ehemaliger Bundesliga-Teamkollege Fredi Bobic (VfB Stuttgart) als Sportchef. Und auch sportlich läuft es dem Team vom Schwarzen Meer sehr gut; nach fünf Spieltagen steht Chernomorets zusammen mit CSKA Sofia punktgleich an der Tabellenspitze. Dass dem so ist, ist kein Zufall, wie Frank Arndt erklärt. "Der Verein hat einen Investor, der keinen finanziellen Aufwand scheut." Dies ist kein geringer als der reichste Mann Bulgariens, Mitko Sabew. Seines Zeichens Besitzer eines Grossunternehmens namens Petrol Holding, neben dem Öl-Geschäft auch in der Telekommunikationsbranche, im Weinhandel und im Tourismus tätig. "Der sportliche Erfolg ist zwar nicht planbar, aber man versucht hier alles, um diesen zu erreichen. Zum Beispiel wird so etwas in Richtung GC-Campus errichtet; bloss noch eine Nummer grösser!" Von der vorhandenen Liquidität profitiert auch Arndt. Wohnung, Auto, Natel und Laptop werden ihm und dem gesamten Physio-Staff kostenlos zur Verfügung gestellt.
Standortwechsel. Zurück zum FC St. Gallen. Hier hatte Frank Arndt noch bis und mit dem Heimspiel gegen den FC Aarau mit deutlich schwierigeren Bedingungen zu kämpfen. "Der ganze Zirkus um das und mit dem Ärzte-Team hat mich keine Perspektiven mehr sehen lassen. Alles war so amateurhaft und frustrierend!" Arndt zog, nachdem sich der FC St. Gallen gegen die von Trainer Uli Forte und seinen Schützlingen geforderte Lösung Pierre Hofer entschieden hatte, die Notbremse und liess von seinem Anwalt das Arbeitsverhältnis auflösen. Zuvor hatte er sich noch einmal in einem Mail (siehe weiter unten) an Präsident Michael Hüppi gewandt, welches fcsg.info in voller Länge vorliegt. Darin appellierte Arndt eindringlich, die gefällten Entscheidungen über das medizinische Personal nochmals zu überdenken. Vergebens. Als eine Woche später auch noch zwei seiner Physio-Kollegen mit "Butterbrotverträgen" abgespiesen wurden, war für ihn, wie er erzählt, die Kündigung die einzige noch mögliche Lösung.
Der Entscheid, den FCSG zu verlassen, fiel Frank Arndt sehr schwer. "Ich hätte Balakov beinahe abgesagt, weil ich sehr gerne mit Uli Forte zusammengearbeitet habe. Doch der Verein wird in absehbarer Zeit in meinem Fachbereich keinen professionellen Status erreichen; ganz im Gegenteil. Zudem hatten fast zwei Jahre Kampf, zunächst gegen den Abstieg, dann gegen die Vereinsärzte Backes und Buschor ihre deutlichen Spuren hinterlassen."
Die Vorwürfe, die Arndt gegen Hans-Ulrich Backes und Felix Buchor richtet, sind happig: "Was die beiden machen, hat mit Sportmedizin nichts zu tun und aus genau diesem Grund wollten sie mich auch loswerden! Es darf ja nicht wahr sein, dass die Spieler dem deutschen Balakov-Physio mehr Vertrauen schenken als den Teamärzten", schildert Arndt seine unangenehme Situation, die er beim FCSG zu bewältigen hatte. "Bei Zerrungen drei Wochen Pause, Voltaren und Flector-Pflaster zu verschreiben, ist Steinzeit!" Als Beispiele von Fehlbehandlungen nennt er die Fälle von Bernt Haas und Alex Tachie-Mensah, der seine Karriere als Aktivsportler gar an den Nagel hängen musste. "Thomas Weller hat vier Tage nach einem von Hans-Ulrich Backes diagnostizierten Muskelriss bei einem Auswärtsspiel in Sion ein Tor gemacht (es war ein direkt verwandelter Eckball, die Red.)! Es wurden einige Diagnosen gestellt, die aus den Siebzigern stammen könnten..."
Auch für die Zukunft sieht Frank Arndt für den FC St. Gallen im medizinischen Bereich keine guten Perspektiven, obwohl Backes und Buschor mittlerweile ins zweite Glied zurücktreten mussten, nachdem der FC St. Gallen Ende Juni an einer Pressekonferenz eine Neustrukturierung der medizinischen Abteilung angekündigt hatte. Der FCSG präsentierte als Lösung eine Kooperation mit dem Kantonsspital St. Gallen; in den Augen von Arndt bringt diese Änderung aber herzlich wenig. "Was nützen schon etliche Ärzte, wenn man weiterhin keinen Physio und nur einen unterbezahlten Masseur angestellt hat?", fragt er.
Seiner Meinung nach hat es der FC St. Gallen verpasst, mit Pierre Hofer eine sinnvolle und zweckgemässe Zusammenarbeit einzugehen. "Winter, Lopar, Kollar, Costanzo, Oehri und Martic waren schon bei ihm in Behandlung und auch mit der dortigen Physiotherapie sehr zufrieden", betont Arndt. "Die Zusammenarbeit wäre bestimmt toll geworden..."
Das Thema Backes und Buschor sei noch nicht endgültig abgeschlossen. "Die betreuen jetzt die U21-Mannschaft und warten auf den Abgang von Forte, um danach wieder zurückkehren zu können! Felix Buschor war früher Assistenzarzt von Pierre Hofer. Jetzt bekommt er Pickel, wenn er diesen Namen auch nur hört. Dazu kommt die Geschichte mit Alex Tachie-Mensah. Der sollte noch am Abend seiner schweren Verletzung von Pierre am Fuss operiert werden; doch Hans-Ulrich Backes intervenierte und die OP musste verschoben werden. Für Alex' Fuss war das ein grosser Nachteil" Die Ärzte hätten ihre eigenen Interessen in Fällen wie diesen über den Erfolg gestellt, bemängelt Frank Arndt.
nicht nur der FCSG scheint medizinisch gesehen steinzeitmässig unterwegs zu sein ......