lg anskajunge hat geschrieben:Goal hat geschrieben:Warum Hannovers Ultras viertklassig sind
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Ultras
Re: Ultras
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Re: Ultras
Die Hamburger (glaube kürzel HSV ) machen das nun anders, die haben sich entschieden, einen eigenen Verein zu gründen, den HFC Falke.
Faszination Fankurve sprach mit Philipp Markhardt, einer der Initiatoren bei der Gründung des Fanvereins HFC Falke e.V. und Mitglied bei Chosen Few, über den neuen Verein und wie es für Chosen Few und andere beim Hamburger SV weitergeht. Das erste Interview mit dem HFC Falke.
Faszination Fankurve: Gestern sollte der Hamburger Fußball-Club Falke gegründet werden. Könnt ihr den Vollzug melden?
Philipp Markhardt: Jein. Zwar ist die vorläufige Satzung beschlossen und ein kommissarisches Präsidium gewählt, der Eintrag ins Vereinsregister muss allerdings noch warten, da die Satzung erst noch durch einen Anwalt und das Finanzamt geprüft werden soll, um keinen Fehler zu machen. Das ändert allerdings nichts am Gründungsdatum, dem 19.06., mit dem wir den Bogen zum HSV-Vorgängerverein FC Falke 06 schlagen. Wie die Satzung und das Präsidium dann endgültig aussehen, haben später die Mitglieder zu entscheiden. Das ist alles verhandelbar bzw. kann geändert. Eine Ausnahme stellen die von der Ewigkeitsklausel berührten Punkte dar, wie zum Beispiel die Rechtsform. Beim HFC Falke wird es nicht möglich sein, per Satzungsänderungsantrag eine Ausgliederung herbeizuführen.
Faszination Fankurve: Wer ist mittlerweile alles in dem Projekt involviert?
Markhardt: Beteiligt sind Leute aus so ziemlich allen Teilen der HSV-Mitgliedschaft bzw. –Fanszene und auch eine „HSV-fremde“ Person. Derzeit sind wir etwa zwanzig Personen, die alles vorbereiten, um am 13. Juli die Gründerversammlung durchzuführen.
Faszination Fankurve: Werdet ihr weiterhin die Spiele des Hamburger SV besuchen?
Markhardt: Das steht jedem frei. Mit Sicherheit werden viele noch hingehen, es gibt jedoch auch Leute, die ihre Dauerkarte nicht verlängert haben. Da ist jeder frei in seiner Entscheidung.
Faszination Fankurve:Wieso habt ihr den HFC Falke gegründet bzw. wie habt ihr euch vom Hamburger SV entfernt? Kannst du die Ereignisse der vergangenen Monate zusammenfassen?
Markhardt: Es war ja leider abzusehen, dass es zu einer Ausgliederung der Profiabteilung des HSV kommen würde. Da hat sich wohl keiner großen Illusionen hingegeben. Wie das Ganze dann am 25. Mai abgelaufen ist, fanden wir jedoch beschämend. Den Sporttreibenden im HSV wurde leider sehr schmerzlich vor Augen geführt, dass die Amateurabteilungen von der überwiegenden Mehrheit der Mitglieder als lästiges Anhängsel gesehen werden. Es offenbarte sich außerdem, dass es den meisten Mitgliedern weniger um Ideale geht, als um erfolgreichen Bundesliga-Fußball und dass sie bereit waren, all ihre Mitspracherechte zu opfern. Mit dieser Einstellung gehen wir nicht konform. Der HFC Falke war für uns die Konsequenz – auch wenn wir damit nicht das Ziel verfolgen, gegen die HSV AG zu sein. Vielmehr wollen wir einen Verein schaffen, der für etwas steht: für Vereinsleben, Mitbestimmung und den Spaß am Fußball, wie wir ihn uns vorstellen.
Faszination Fankurve:Der HFC Falke soll erst in der Saison 2015/2016 seinen Spielbetrieb aufnehmen. Was macht ihr in der Zwischenzeit?
Markhardt: In der Zwischenzeit wollen wir uns so aufstellen, dass der HFC Falke keine Eintagsfliege wird. Einen Amateurverein zu gründen, ist sicher nichts, was man mal eben nebenbei macht. Da müssen diverse Dinge beachtet werden. Zum Beispiel benötigen wir eigene Schiedsrichter, eine sportliche Heimat, etc. Das bricht man nicht mal eben übers Knie. Nicht zu vergessen, dass wir auch eine Mannschaft zusammenstellen müssen.
Faszination Fankurve:Sollen die Spieler vom HFC Falke aus der Fanszene des HSV kommen?
Markhardt: Gerne. Aber am Ende entscheidet das derjenige, der als Trainer engagiert wird. Wir haben bereits zahlreiche Angebote von Interessenten bekommen, aber am Ende entscheidet das dann wie gesagt der Übungsleiter.
Faszination Fankurve:In welcher Liga und in welchem Stadion wollt ihr antreten? Gibt es hier schon erste Überlegungen?
Markhardt: Wir würden nach derzeitigem Stand ganz unten in der Kreisklasse anfangen. Was allerdings natürlich auch die Chance erhöht, dass eben Spieler aus der Fanszene des HSV dabei sein können. Beim Thema Stadion können wir noch keinen Vollzug melden. Hier kümmern wir uns zeitnah um Gespräche mit Verantwortlichen. Wunsch ist es, im Hamburger Westen anzutreten. Warten wir mal ab, wie viele Leute am 13.7. zur Gründerversammlung erscheinen, um eine ungefähre Hausnummer zu haben, was auch vom Platz her nötig ist.
Faszination Fankurve:Du warst in den vergangenen Jahren bei Chosen Few Hamburg aktiv. Wirst du dies weiterhin sein und wie steht der Rest der Gruppe zum HFC Falke?
Markhardt: Ich weiß es ehrlich gesagt noch nicht. Ende Juni haben wir unser jährliches Treffen, auf dem die Marschrichtung für die kommende Saison festgelegt wird. Das alles natürlich auch vor dem Hintergrund der Ausgliederung und den Ereignissen beim Spiel gegen den FCB. Derzeit tendiere ich dazu, sporadisch auch HSV-Spiele zu besuchen, da sich dort schließlich der überwiegende Teil meines Freundeskreises aufhält. In Stein gemeißelt ist aber noch nichts. In der Gruppe selbst gibt es sowohl Interessenten, als auch Skeptiker. Das ist allerdings in meinen Augen auch normal.
Faszination Fankurve:Wird der Großteil der Chosen Few weiterhin die Spiele des Hamburger SV besuchen?
Markhardt: Das wird man Ende Juni wissen. Nach meinem Kenntnisstand haben sich die meisten noch Dauerkarten gekauft. Ob die auch genutzt werden, sehen wir dann.
Faszination Fankurve:Was sind eure langfristigen Ziele mit dem HFC Falke? Bis zu welcher Liga wäre ein Aufstieg wünschenswert und ab wann hättet ihr Angst vor Fehlentwicklungen?
Markhardt: Ich denke, dass ein Durchmarsch nicht sehr realistisch ist. Bis wohin man gehen möchte, ist so eine Frage. Ich persönlich hätte kein Problem damit, irgendwann einmal Oberliga zu spielen. Ob es für mehr reicht, ist die große (finanzielle) Frage. Denn die Regionalliga ist für die meisten Amateurclubs Gift. In Hamburg hat es zum Beispiel lange Zeit keinen Oberliga-Meister gegeben, der es sich zugetraut hat, die Lizenz für die Regionalliga zu beantragen, weil die Kosten immens sind, das Interesse am Amateurfußball jedoch in der Hansestadt eher überschaubar. Aber die Frage stellt sich erstmal nicht.
Faszination Fankurve:Soll der HFC Falke optisch und akustisch unterstützt werden?
Markhardt: Gute Frage. Wünschenswert ist das auf jeden Fall. Ich kann aber noch überhaupt keine Prognose abgeben, wie sich das Publikum zusammensetzen wird.
Faszination Fankurve:In Europa gibt es schon einige Fanvereine, wie z.B. in Wimbledon, Salzburg, und Manchester. Habt ihr zu einem dieser Vereine den Kontakt gesucht, um euch den ein oder anderen Rat einzuholen?
Markhardt: Ja, haben wir. Wobei wir uns hauptsächlich in Deutschland umgehört haben, ganz einfach, weil die rechtlichen Voraussetzungen international doch andere sind, als bei uns. Kontakte gibt es aber.
Faszination Fankurve:Gegen welchen Fanverein würdet ihr gerne ein Testspiel absolvieren, schließlich ist bis Saisonstart 2015/2016 noch reichlich Zeit für Testspiele?
Markhardt: Da wird sicherlich jeder seine eigenen Favoriten haben. Grundsätzlich sind wir da aber zu allen Seiten offen. Der Kontakt aus Manchester liegt allerdings schon auf meinem Schreibtisch.
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Re: Ultras
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Re: Ultras
Bin mir nicht so sicher wo meine Frage hingehört. Warum wird in der Kurve eigentlich die "Konzertpyro" so verachtet? Ich fand das ganze am Freitag doch sehr gelungen und sah aus meiner Sicht auch gut aus. Antworten können auch per PN gegeben werden.
1000 Trainer schon verschliessen, Spieler kommen Spieler gehen
doch was stehts bleibt sind wir Luzerner die immer Treu zur Mannschaft stehn
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Re: Ultras
Läuft dieses Wochenende im Bourbaki (weiss nicht ob danach noch länger):
http://www.kinoluzern.ch/kino/108639/is ... ml?aktuell
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Re: Ultras
war ganz ok. aber die erwartungshaltung war dann doch etwas höher. teilweise etwas langatmig. ausserdem konnte ich die protagonisten beziehungsweise ihre wichtigkeit in der kurve nicht abschliessend einordnen.
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Re: Ultras
jossen hat geschrieben:war ganz ok.
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von sega 10.- , von pa 10.-, ; @andi: 10.--
mer send gäge alles
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Re: Ultras
http://www.faszination-fankurve.de/inde ... &bild_nr=1" onclick="window.open(this.href);return false;
I'm going to make him an offer he can't refuse...
GEGEN DEN MODERNEN SCHIFFSBAU
offene beträge: CHF 50 von tjfcl, CHF 10 von LU-57, CHF 10 von chamäleon, CHF 10 von nelson, CHF 10 an seimon.
JASSOBIG RETTEN - NIEDER MIT DEN WETTEN!
Sammler hat geschrieben: Der FCL ist ein Verein, den man besser erst gar nicht beitreten sollte. Leistungen werden definitiv nicht honoriert. Jetzt auf Margiotta herumzuhacken ist absolut fehl am Platz. Kein Wunder, bekommt der FCL keine Mannschaft mehr zusammen, die mal einen Kübel stemmen wird. Nicht unter Swisspor, nicht unter Meyer.
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Sammler hat geschrieben: Der FCL ist ein Verein, den man besser erst gar nicht beitreten sollte. Leistungen werden definitiv nicht honoriert. Jetzt auf Margiotta herumzuhacken ist absolut fehl am Platz. Kein Wunder, bekommt der FCL keine Mannschaft mehr zusammen, die mal einen Kübel stemmen wird. Nicht unter Swisspor, nicht unter Meyer.
Re: Ultras
6 Jahre später und zwei (!) Ligen tiefer so:maré am 9. August 2011, fett markierte sätze am 16.6.17 hervorgehoben von windfahne hat geschrieben:Wir bleiben in Bayern, wechseln aber von den Passauern zu den Münchner ULTRAS:
Sie haben ausgebrüllt: Aus Protest gegen Investor Hasan Ismaik zieht sich die einflussreiche Ultra-Gruppierung "Cosa Nostra" aus der Fankurve von 1860 München zurück. Ein Gespräch mit CN-Mitglied Mathias K. über die Schizophrenie wahrer Fankultur, den drohenden Ausverkauf des Fußballs und die Relevanz der 50+1-Regel.
In der Nordkurve der Arena klaffte beim ersten Heimspiel der "Löwen" gegen den Karlsruher SC ein Loch. Wo sonst die Ultras von der "Cosa Nostra" (CN) für Stimmung sorgen, blieben einige Stehplätze leer. Die CN, eine der einflussreichsten Fangruppierungen des Klubs, hatte sich in stillem Protest auf den Mittelrang zurückgezogen - um ihre Haltung gegen das Investorenprojekt des Vereins auszudrücken.
Die Ultras können sich nicht damit anfreunden, dass die HAM Internation Ltd. in Person von Hassan Abdullah Mohamed Ismaik nun 60% der TSV München von 1860 GmbH & Co KGaA besitzt. Der Verein verkaufte damit genau die Anteile, in welche die Profi-, Amateur- und A-Jugendmannschaft des TSV München von 1860 e.V. ausgegliedert sind. Politisch interessierte Fans sehen die im deutschen Fußball vorgeschriebene 50+1-Regel längst in Gefahr. Diese verbietet es Kapitalanlegern, bei Vereinen mehr als 49% der Stimmrechte zu übernehmen. Mathias K. ist Mitglied der CN - wie viele Ultras, möchte er seinen vollen Namen in der Öffentlichkeit nicht preisgeben.
sueddeutsche.de: Wieviel Spaß macht es derzeit, Fan des TSV 1860 zu sein?
Mathias K.: Momentan ist das Vergnügen ziemlich begrenzt. Was im Verein abläuft, ist schon seit Ende der letzten Saison nicht mehr besonders witzig. Trotzdem kann ich mich nicht ganz von diesem Klub lossagen, schließlich bin ich schon seit Jahren dabei. Wir von der "Cosa Nostra" sind bekannt für gute Stimmung und Aktivitäten in der Kurve - und jetzt schauen wir die Spiele still und im Sitzen. So stellen wir uns das natürlich nicht vor.
sueddeutsche.de: Für welche Art Fantum steht die "Cosa Nostra"?
Mathias K.: Wir vertreten eine Ultra-nahe Fankultur. Wir fahren der Mannschaft hinterher, um sie zu unterstützen und versuchen, bei den Spielen optisch und akustisch Akzente zu setzen: Durch Choreographien, Fahnen und Gesänge. Wir begleiten den Verein so nah es geht, bringen uns als aktive Mitglieder ins Vereinsgeschehen ein und wollen ein Sprachrohr für die Kurve sein.
sueddeutsche.de: Was macht das Gefühl dieses Klubs für Sie aus?
Mathias K.: Ich bin mit Sechzig aufgewachsen und schon als kleiner Junge ins Stadion gegangen. Fußball gehört für mich zum Alltag - früher war ich sicher etwas weniger emotional als heute. Mittlerweile sind die 90 Minuten am Wochenende das absolute Highlight. Bis dahin vergeht viel Zeit mit Organisieren, da überlegen wir uns, was wir mit ins Stadion nehmen, wie wir zu Auswärtspartien gelangen oder welche Aktionen wir planen. Letztlich arbeiten wir die ganze Woche nur für das Spiel. Da wollen wir die Sau raus lassen, die Mannschaft anfeuern, mitleiden und mitfeiern. Wir leben und lieben diesen Verein mit vollem Herzen. Aber es gibt Grenzen.
sueddeutsche.de: Wie jetzt mit dem Rückzug aus der Kurve demonstriert wird. Warum dieser Schritt?
Mathias K.: Die neuesten Entwicklungen sind uns zu viel. Wir vertreten eine andere Auffassung davon, wie Vereine funktionieren. Wir sind Mitglieder im TSV 1860 e.V. und waren nie besonders glücklich darüber, dass die KGaA (Kommanditgesellschaft auf Aktien, d. Red.) ausgegliedert wurde, weil wir uns als Teil des Klubs sehen und uns über Delegiertenversammlungen repräsentiert sehen wollen. Der Investor hat 60% der Anteile der KGaA gekauft, darunter sind auch die Profi -und Amateurmannschaften - also genau die Teams, die wir unterstützen. Auch wenn der Investor in den Gremien nur 49% Stimmberechtigung besitzt, ist das ganz schön viel Macht. Im Endeffekt hat ein externer Geldgeber damit bei 1860 das Sagen. Die Querelen der letzten Wochen haben gezeigt, dass Investorentum und Klubseele nicht miteinander zu vereinbaren sind.
sueddeutsche.de: Sie hätten schon viel früher protestieren können. Wäre das nicht konsequenter gewesen?
Mathias K.: Klar, der Verein torkelt seit Jahren ins Verderben, vor allem durch die Mietzahlungen an den FC Bayern. Jetzt präsentiert man uns als Ausweg, den Verkauf von Anteilen am eigenen Verein an einen unbekannten Investor, der absolut nichts mit dem TSV zu schaffen hat. Für ihn ist dieser Klub ein Prestigeobjekt, ein Spielball mit dem er Geschäftspartner ins Boot holen kann. Fußball sollte nicht so laufen, dass Businessmenschen einsteigen und mit ihrem Privatportemonnaie die zweite Liga aufmischen, Geld springen lassen und irgendeinen Verein subventionieren. Mäzene machen aus unserer Sicht den Sport kaputt - wie bei RB Leipzig (mit dem Sponsor Red Bull, d. Red.) oder Hoffenheim zu sehen ist.
sueddeutsche.de: Immerhin hat der Investor 1860 vor dem Bankrott gerettet. Wäre Ihnen Amateurfußball lieber gewesen?
Mathias K.: Auch wenn Politiker und Vereinsobere das vielleicht nicht so sehen: Eine Insolvenz und ein Neubeginn in einer unteren Spielklasse hätte uns sehr gut getan. Ein großer Teil des Mythos von 1860 beruht doch darauf, dass der Klub lange Zeit in der Bayernliga herumdümpelte. Diesen Weg wären viel mehr Leute mit ganzem Herzen mitgegangen. Vereine wie Reutlingen oder Mannheim haben gezeigt, dass es zu schaffen ist. Für mich ist das die weitaus ehrlichere Variante - aber das hätten wir schon machen sollen, als Sechzig die Anteile an der Arena verkaufen musste. Insgesamt wird die jetzige Situation den Klub langfristig mehr Fans kosten, als es ein Neuanfang im Grünwalder Stadion getan hätte.
sueddeutsche.de: Sie schwingen sich mit ihrer Ablehnung des Investors auch zum Hüter der 50+1-Regel auf. Ist Ihnen das wichtig?
Mathias K.: Ja, das ist unser Hauptargument. Wir konnten uns einfach nicht mehr vorstellen, beim ersten Heimspiel wie gewöhnlich in der Nordkurve zu stehen, dort unsere Zaunfahnen aufzuhängen und eine Fan-Aktion zum Saisonauftakt zu starten. Damit hätten wir nach außen demonstriert: Ist doch in Ordnung, dass ein Investor 60% von unserem Verein kauft - das wollen wir nicht. Das Team weiter anzufeuern, bedeutet doch auch, den Ausverkauf des Fußballs zu unterstützen. Dieses Pilotprojekt könnte darüber entscheiden, wie es mit dem Mäzentum im deutschen Fußball weitergeht. Dazu gehört auch die 50+1-Regel - und deshalb geht diese Debatte weit über den eigenen Verein hinaus. Auf Friede, Freude, Eierkuchen haben wir keine Lust mehr.
Mathias K.: Der Rückzug der "Cosa Nostra" ist eigentlich ein Kompromiss. Wir haben Leute in der Gruppe, die sehr massiv gegen den Investoreneinstieg sind, während andere damit auch leben könnten. Wir haben uns darauf geeinigt, dass wir als Fanvereinigung erhalten bleiben wollen. Wir gehen weiter ins Stadion und fahren zu Auswärtsspielen, verabschieden uns aber von der Vorreiterrolle in der Kurve - und schauen uns die Spiele in der Arena ohne Support von den Sitzplätzen im Mittelrang an. Das soll ein deutliches Zeichen nach außen sein.
sueddeutsche.de: Wie fühlt es sich an, als Ultra auf einem Sitzplatz zu hocken und still zu sein?
Mathias K.: Seltsam. Im Stadion mitzufiebern, ohne zu hüpfen und zu singen, ist natürlich völlig schizophren. Wer es über Jahre gewohnt ist, unten am Zaun zu stehen und voll dabei zu sein, tut sich mit einem Sitzplatz schwer. Ich musste beim ersten Heimspiel aber nicht mit mir kämpfen. Ich habe rüber auf die Haupttribüne geschaut und daran gedacht, dass die Investorenseite bereits nach wenigen Wochen versuchte, im Aufsichtsrat des TSV 1860 e.V. Einfluss zu nehmen. Da wusste ich wieder: Damit kann ich mich nicht identifizieren - für sowas möchte ich mir nicht 90 Minuten die Seele aus dem Leib schreien.
sueddeutsche.de: Beim ersten Heimspiel gegen den KSC zeigte sich, dass der großen Masse der Fans der Investor ziemlich egal ist - Sie sind mit ihrem Protest in der Minderheit.
Mathias K.: Man muss akzeptieren, dass sich ein Großteil dafür nicht sonderlich interessiert. Dasselbe geschah damals beim Umzug in die Arena. Anfangs gab niemand etwas auf die Gegenstimmen. Im Endeffekt jammerten aber alle, als dann die Millionen an Altschulden ans Licht kamen. Das tangiert die Fans nämlich doch. Irgendwann merken diejenigen, die jetzt der Investoreneinstieg kalt lässt, dass es Probleme mit sich bringt. Und von einem riesigen Boom sehe ich durch das Geld des Investors bisher nicht viel. Gegen Karlsruhe waren nicht einmal 20.000 zahlende Zuschauer im Stadion, zudem verkaufte der Klub so wenige Dauerkarten wie lange nicht.
sueddeutsche.de: Viele Ultras kritisieren die Kommerzialisierung des Fußballs - lehnen Sie somit auch Investoreneinstiege grundsätzlich ab?
Mathias K.: Ich würde ein kleines Hintertürchen offen lassen. Bei allem Engagement gegen das moderne Fußballgeschäft können wir eine gewisse wirtschaftliche Komponente nicht verhindern. In Maßen sind Sponsoren und Investoren auch erträglich - ohne sie funktioniert heute nichts mehr. Mir ist aber wichtig, dass eine Regel wie 50+1 nicht verletzt wird. Dass ein Geldgeber die Macht an sich reißt, indem er 60% der Vereinsanteile kauft, verstößt gegen meine Grundsätze. Würde ein Investor nur zehn oder 20% besitzen, um dem Klub als regional verwurzelter Unternehmer ein wenig unter die Arme zu greifen, könnte ich damit leben. Es ist aber ein schmaler Grat: Was bei 1860 passiert, geht mindestens drei Schritte zu weit.
http://www.abendzeitung-muenchen.de/inh ... ac897.html
"Even if you fall flat on your face - at least you are moving forward."
Sue Luke
Sue Luke
Re: Ultras
falls jemand noch ein Hobby sucht
https://www.ovb-online.de/sport/regiona ... 91244.htmlMein Traum wäre, dass wir in den Heimspielen 800 bis 900 Zuschauer haben, dass wir eine Fanszene mit friedlichen Ultras von rund 100 Leuten haben, die uns lautstark unterstützen. Wir lassen uns da auch etwas einfallen. Zum Beispiel sollen sie eine Fanausstattung von uns und eine Jahreskarte bekommen. Wer dazu Lust hat, kann sich gerne bei uns melden oder bei unserem bereits existierenden Fanclub.
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Sue Luke
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Re: Ultras
http://www.kicker.de/news/fussball/bund ... ahres.html" onclick="window.open(this.href);return false;
Re: Ultras
Spannend heute im blick die recht aufwändige und fundierte story "darum lieben die ultras ihre pyros" zu lesen.
Freue mich auch schon auf morgen wo im 2. Teil in zwei absätzen alles zum thema "so funktioniert eine fankurve" abgehandelt wird.
Wo andere trottels bücher mit füllen kommt der blick in wenigen sätzen zum punkt und redet nicht um den heissen brei rum.
Ich freue mich schon gewaltig auf die leserkommentare
Freue mich auch schon auf morgen wo im 2. Teil in zwei absätzen alles zum thema "so funktioniert eine fankurve" abgehandelt wird.
Wo andere trottels bücher mit füllen kommt der blick in wenigen sätzen zum punkt und redet nicht um den heissen brei rum.
Ich freue mich schon gewaltig auf die leserkommentare
stänkerer gegen oben
Re: Ultras
Nicht zu vergessen, dass der erste Bericht dieser Serie mal eben copy-paste ist, von dem was sie in den letzten Jahren immer wieder "investigatives" gekritzelt haben. Natürlich darf der Unterschied zwischen Ultras und Hools nicht fehlen
L U C E R N E - Till I Die!
Kämpfe Lozärn, Kämpfe Lozärn!
mer wend Euch gwönne gseh!
Kämpfe Lozärn, Kämpfe Lozärn!
mer wend Euch gwönne gseh!
Master (am Do 20. Okt 2005 22:24 ) hat geschrieben:ich sage immer das gleiche.. dass er dem verein helfen wird, davon bin ich überzeugt!
dass er der fanszene schaden wird, davon bin ich genau so überzeugt! aber ich hoffe wir werden das überstehen!
Re: Ultras
Republik hat geschrieben:Der Junge vom Lochergut
Daniel Ryser
Erster Teil. Mc Hero, Held und Heroin
Brate, ich weiss gar nicht, was für dich interessant ist? Wie weit willst du zurückgehen in meiner Geschichte? Wann und wie meine Eltern in die Schweiz kamen? Wo ich geboren wurde? Wie mich die Liebe zur Musik rettete vor dem Chaos in meinem Kopf?
Ich fange einfach mal am Anfang an.
Ich bin im Triemli geboren, im Zürcher Stadtspital, und lebte mit meiner Familie die ersten 25 Jahre meines Lebens beim Lochergut im Kreis 4, an der Kochstrasse. Nur einmal sind wir in dieser Zeit umgezogen, von der Kochstrasse an die Kochstrasse, 5 Hausnummern weiter. Bis man uns vor 5 Jahren dort rausschickte, meine Eltern und mich. Man hat das Haus renoviert und die Miete um 2100 Franken erhöht – von 1600 auf 3700 Franken. Das konnten wir uns nicht leisten.
Am Lochergut, wo ich praktisch mein ganzes Leben verbrachte, wurdest du früh mit Gewalt konfrontiert, im Quartier, in den Schulen. Das Quartier hat sich in den letzten Jahren stark verändert, aber als ich ein Teenager war, waren wir der Abschaum der Stadt. Wir kämpften alle mit demselben struggle.
Neunzig Prozent der Leute, mit denen ich am Lochergut aufgewachsen bin, sind die Kinder von Gastarbeitern, die in die Schweiz kamen, um hier Geld zu verdienen. Die Unterschicht hatte sich hier irgendwann festgesetzt.
Ich glaube, wir im Lochergut haben einen etwas schwereren Rucksack im Leben zu tragen als die Leute, die im Seefeld aufwachsen. Das ist halt einfach so. Auch wenn sich das Quartier in den letzten Jahren verändert hat und auch hier alles teurer wird.
Als Jugendlicher war ich ein riesiger Eminem-Fan, guckte ständig MTV und nahm mit einem Diktiergerät seine Tracks auf, wenn sie gespielt wurden. Und als mir meine Eltern dann einen Discman schenkten und dazu «The Eminem Show» auf CD, hörte ich das Album endlos. Jeden Tag bin ich mit dem Discman zur Schule gelaufen, Eminem, Eminem, Eminem, und wenn wir in der Schule Gedichte schrieben, verfasste ich Rap-Texte.
Mein Name – Mc Hero –, da merkt man schon, dass das ein bisschen von Eminem inspiriert ist. Von diesen zwei Persönlichkeiten, die er entwarf: Eminem, der Rapper, und Slim Shady, der Verrückte.
Hero steht für Held oder für Heroin: für die Droge, die dafür sorgt, dass du tot bist, oder für den Helden, der dich rettet, wenn du in Not bist.
In der Sekundarschule nahm ich mit der Webcam erste Songs auf und veröffentlichte sie auf Myspace. Leute mit Infrarothandys konnten sich Tracks hin- und herschicken. So machte ich mir als Rapper früh einen Namen in den Quartierschulhäusern.
Wenn ich Menschen von meinem Leben erzähle oder wenn sie meine Texte hören, schauen die mich an, als würde ich von einem anderen Land erzählen. Die können sich nicht vorstellen, dass es auch in der Schweiz Orte gibt, wo du gemobbt, verarscht, verprügelt, wie Scheisse behandelt wirst, wenn du dich nicht vom ersten Tag an wehrst. Ich lernte als Teenager im Kreis 4 schnell: Wenn ich respektiert werden will, muss ich mich beweisen. Und das gelang mir gut.
Auch wenn ich häufig der Kleinste und der Dünnste war, hatte ich offensichtlich ein wenig Talent im Kämpfen. Ich hatte kein Problem, auszurasten und jemanden ins Gesicht zu schlagen, wo andere sich das vielleicht zwei- oder dreimal überlegt haben.
Die Leute fragen immer: «Semir, was liegt dir auf dem Herzen? Warum ist deine Musik so wütend, Bruder?» Dann sage ich: «Du Idiot, ich würde auch lieber über Blumenwiesen rappen. Aber so bin ich nicht aufgewachsen.»
Mein Vater stammt aus Bosnien und kam 1978 als Gastarbeiter nach Zürich. Er arbeitete schliesslich im damaligen Hotel Nova Park direkt neben dem Stadion Letzigrund. Die Eltern meiner Mutter lebten damals auch schon hier, als serbische Gastarbeiter. Und wie mein Vater arbeiteten sie im Nova Park.
1982 kam meine Mutter aus Serbien zu Besuch, und hier, im Kreis 4, im Nova Park, lernte sie meinen Vater kennen. Bald zog sie nach Zürich. Meine Eltern heirateten, und kurz darauf kam meine Schwester zur Welt, die 8 Jahre älter ist.
Ich wurde 1991 geboren, 1992 brach der Krieg aus.
Meine Mutter ist orthodoxe Christin, mein Vater ist Muslim: Brate, wie soll ich es sagen? Für viele andere Balkaner war das spätestens mit Kriegsausbruch nicht mehr vorstellbar, dass ein Bosnier mit einer Serbin zusammen ist. Ich fand das immer komplett hängen geblieben. Wenn du es so betrachtest, bin ich ein wandelndes Friedenssymbol: Eine Serbin und ein Bosnier gründeten zusammen eine Familie, und sie sind immer noch zusammen.
Mit 16 oder 17 war ich in einer Jugo-Disco, eine Schaumparty. Von dort habe ich die grosse Narbe an meinem Kopf. Ich unterhielt mich lange mit einem Mann, der mich sympathisch fand. Wir redeten und soffen, dies, das, irgendwann fragte er mich – es war eine serbische Disco – nach meinem Nachnamen. Ich sagte, mein Name ist Semir Coralic. Er wurde schnell sehr wütend.
«Warum trägst du einen muslimischen Namen?», brüllte er.
«Weil mein Vater Bosnier ist», antwortete ich.
«Dein Vater ist Bosnier? Und deine Mutter Serbin? Das geht nicht! Was bist du für ein Dreck.»
Spätestens da realisierte ich, dass es viele Leute vom Balkan gibt, die immer noch diesen hängen gebliebenen Film fahren.
Meine Eltern bewirteten ab 1996 das Restaurant Concordia, gleich hier an der Ecke beim Lochergut. Es lag auf meinem Schulweg, und ich verbrachte dort meine Mittagspausen. Was ich irgendwie cool fand. Die meiste Zeit verbrachten meine Schwester und ich mit meinen Grosseltern, die eine grosse Hilfe waren, denn meine Eltern arbeiteten rund um die Uhr.
«Wir verstanden uns als Soldaten, die für das Quartier kämpften ...
... bald schrieben die Medien, wir seien eine Gruppe asozialer Migranten, die das Quartier terrorisierten.»
Als der Vermieter dann vor 5 Jahren die Miete mehr als verdoppelte und wir unsere Wohnung aufgeben mussten, verliessen wir die Strasse, in der ich mein ganzes Leben verbracht hatte. Aber wir hatten Glück. Wir fanden zwei Wohnungen in der Nähe, beim Stadion Letzigrund: eine für mich, eine für meine Eltern.
Zweiter Teil. Alles für den FC Zürich
Als mein bester Freund starb, verlor ich den Tritt. Ich war 16. Bald begann ich die Musik aus den Augen zu verlieren. Ich überlegte nicht mehr, was ich im Leben tun könnte, um vorwärtszukommen. Jener Tag setzte viel negative Energie frei. Bald drehte sich alles nur noch um Randale und Gewalt.
Mein Freund war das Motorrad seines älteren Bruders gefahren, eine 125er. Die hätte er mit 16 noch gar nicht fahren dürfen. Beim Goldbrunnenplatz erwischte ihn ein Auto, und er hatte die Schnalle des Helms nicht geschlossen. Der Helm spickte weg, und er knallte mit dem Hinterkopf auf den Randstein.
Er kämpfte eine Woche lang im Unispital um sein Leben, während wir im Innenhof übernachteten. Zoran hiess er, sein Spitzname war Zoko.
Mit seinem jüngeren Bruder besuchte ich jeden Tag sein Grab. Ein paar Wochen später fiel der Kleine vom Trottinett und starb. Er war 9.
Liebe und Hoffnung verschwanden aus meinem Leben. Ein 9-Jähriger konnte nicht so viele Sünden begangen haben, dass Gott ihn holen musste.
Zoko und ich, wir hatten damals das 10. Schuljahr besucht in Oerlikon. Gleich zu Beginn des Jahres schickten sie uns ins Klassenlager. Wir waren jung und wild und liebten es, zu provozieren. Im Haus nebenan war ein anderes Schullager untergebracht. Ein paar unserer Mitschüler kamen und sagten, die anderen hätten sie angepöbelt. Also sind wir rübergegangen und ich habe ein paar von denen ein bisschen wehgetan. Da haben sie mich vom 10. Schuljahr ausgeschlossen.
Und Zoko – es ist voll sinnlos, was er gemacht hat, aber geile Siech –, er hat gesagt, wenn ihr Semir rausschmeisst, komme ich auch nicht mehr. Eine Woche später ist er mit dem Töff verunglückt. Hätte ich im Klassenlager nicht dieses dumme Problem gesucht, hätten wir am Tag seines Unfalls in der Schule gesessen. Ich machte mir viele Jahre schwere Vorwürfe.
Willst du noch etwas trinken, brate? Was immer du willst. Wenn du am Lochergut bist, bist du mein Gast.
Zoko war es, der die «Locherguet-Jungs» gründen wollte. Er hatte schon 5 Pullis mit dem Logo gedruckt, bevor er starb.
Ich setzte es dann mit Freunden um: Wir begannen die Pullis zu tragen und damit auch ins Stadion zu gehen. Es lag auf der Hand. Der Letzigrund liegt ja quasi im Quartier. Und am Anfang waren wir nicht einmal eine wirkliche Fussballgruppe. Wir trugen die Pullis einfach so, markierten Präsenz im Quartier und rund um das Stadion, hingen jeden Tag auf der Bank vor dem Dönerladen Ararat ab und suchten Stress. Wir verstanden uns als Soldaten, die für das Quartier kämpften. Bald schrieben die Medien, wir seien eine Gruppe asozialer Migranten, die das Quartier terrorisierten.
Das Grand Café Lochergut, wo wir heute sitzen: Wir hassten es, als es vor ein paar Jahren eröffnet wurde, weil es so viele neue Leute anzog. Der Kollege da drüben, der Hipster mit seinen krakligen Tattoos, der in einem Design-Magazin blättert, wäre vor 10 Jahren niemals hier gesessen.
Ich frage mich, ob die Gewalt, die wir anderen angetan haben, der Stress, den wir suchten, nicht auch unbewusste Hilfeschreie von uns waren. Verstehst du, Bruder? Früher hätte ich jemanden verflucht, der so was ausspricht.
Als Teenager fährst du einen krassen Film, ohne Rücksicht auf Verluste. Leute werden zum Beispiel Emos, lackieren sich die Fingernägel und lassen sich von niemandem davon abbringen.
Als plötzlich die hippen Leute im Quartier auftauchten, reagierten wir mit Gewalt. Wir hatten eigentlich gar nichts gegen die, aber wir hatten etwas dagegen, dass die sich in unserer Strasse breitmachten. Wir dachten: Übernehmen die jetzt unser Quartier? Und wir glaubten, es sei an uns, dafür zu kämpfen, dass sich das Quartier nicht verändert. Jetzt, wo ich etwas älter bin, kann ich nachvollziehen, wieso das fast niemand verstanden hat.
Am meisten Stress gab es an Spieltagen. Im Stadion, rund um das Stadion.
Die Leute von der Ultragruppe Kreis 4 waren ein paar Jahre älter als wir. Sie waren bekannt, berüchtigt. Wir schauten zu ihnen hoch. Sie waren unsere Vorbilder, teilweise sogar unsere älteren Brüder. Wir übernahmen schliesslich das Zepter von ihnen im Quartier, und heute, wo die Locherguet-Jungs selber zu den Alten gehören, übernimmt eine neue Generation.
Aber man kann die Zeiten sowieso nicht mehr miteinander vergleichen. Die Polizei unterdrückt heute fast jede freie, anarchische Regung. Früher konntest du unvermummt Pyros zünden, nichts ist passiert. Heute wird jede Bewegung hochauflösend gefilmt. Praktisch nichts bleibt unbemerkt. Am Schluss machen sie die Leute mit Bussen fertig.
Ich habe selbst viel, viel Geld bezahlt. Ich erinnere mich an eine Busse, die ich richtig absurd fand: 16’000 Franken für das Abbrennen von zwei Fackeln.
Es war die grosse Pyroshow für David Da Costa, den ehemaligen Torhüter, der damals zum FCZ zurückkehrte. Da Costa war hier im Quartier aufgewachsen, deshalb haben wir ihn alle so gern. Wir veranstalteten ein riesiges Freudenfeuerwerk und waren überzeugt, so viel Rauch gezündet zu haben, dass die Kameras uns unmöglich identifizieren konnten.
Aber sie hatten mich in Nahaufnahme auf dem hochauflösenden Kamerazoom, wie ich die beiden Pyros zünde, mich dann in der komplett eingenebelten Kurve der Vermummung entledige und zu singen beginne und offensichtlich glaube, dass der Rauch zu dicht ist, als dass man etwas erkennen könnte. Aber den Nebel hat man auf den Videos gar nicht gesehen. Die Sicht in den Aufnahmen war glasklar. Mein Anwalt zuckte bloss mit den Schultern und sagte: «Semir, was willst du machen?»
Ich kenne einen, dem haben sie wegen verschiedener Fussballdelikte über hundert Riesen reingedrückt. Den haben sie komplett ruiniert. Wie willst du so was jemals bezahlen? Allerdings waren da auch einige heftige Aktionen drunter.
Brate, was soll ich dir dazu sagen? Was willst du hören? Es ist, wie es ist.
Viele von uns, die nicht ins Stadion dürfen, haben heute eine Meldepflicht. Bruder, das bedeutet: Wenn du in Davos am Schlitteln bist und es ist Spieltag, dann musst du dich dort, in Davos, auf dem Polizeiposten melden, und zwar kurz vor dem Spiel und kurz nach dem Spiel.
Nach jedem Spiel suchten wir früher Kontakt mit den anderen Ultras, griffen sie an, vor allem die Ultras der Grasshoppers. Die haben wir regelmässig durchs ganze Quartier gejagt. Die wollten wir hier nicht. Es ist unsere Stadt. Selten wurde jemand verhaftet deswegen. Heute kriegst du schon ein zweijähriges Stadionverbot, wenn du dich zu zweit durch das Drehkreuz trickst.
Und heute wird die Rivalität nicht mehr so gelebt. Die Motivation fehlt. Und zwar auf beiden Seiten. Bei uns, und auch bei unseren Gegnern. Die heutige Generation ist vorsichtiger geworden. Vermutlich, weil sie Angst vor der Polizei haben. Was ich gut verstehen kann. Die Gesetze sind so viel härter geworden. Die haben einen ganzen Apparat aufgefahren gegen die Fussballfans.
Kannst du dich an das Video erinnern, wo die Ultras vom FCZ die Ultras von GC an ihrem Treffpunkt vor dem Prime Tower angegriffen haben? Einer vom FCZ hat dafür über 5 Jahre bekommen, weil man auf Videos gesehen hat, wie er einen Hopper gegen den Kopf trat. Er sitzt seit 2 Jahren. Es war eine Art Sammelklage wegen verschiedener Aktionen.
Die Leute sagen: «Ja, richtig so! Sperrt diese Gewalttäter ins Gefängnis!»
Die Fussballleute sagen: «Es ist unsere Pflicht, uns zu stellen. Die Hoppers haben dort jeden Normalo geschlagen, der unsere Farben trug. Schon nur deshalb mussten wir dort auflaufen. Sie suchten Stress, dann sind wir halt hingefahren und hauten sie um.»
Das versteht ausserhalb dieser kleinen Welt niemand. Das ist vielleicht aber auch ein bisschen egal. Es ist der Lebensstil der Ultras.
Das Derby ist unser grosser Tag, Bruder. Und wenn wir gegen Basel spielen. Diese zwei Spieltage muss sich jeder Stadtzürcher im Kalender freihalten.
Das Derby ist der Kampf zwischen den beiden Parallelwelten FCZ und GC. Diese beiden Welten sind nicht miteinander vereinbar. Ich habe tatsächlich keinen einzigen Kollegen, der ein Hopper ist. Manchmal habe ich das Gefühl, einer wird als Hopper oder als FCZler geboren. Die Mentalitäten der beiden Vereine sind dermassen unterschiedlich. Die Hopper-Ultras waren zu grossen Teilen immer sehr rassistisch.
Natürlich freuen wir uns jedes Mal riesig, wenn wir gewinnen. Das Derby hält mich jung. Die Fussballszene hält mich jung. Du gehst ins Stadion, schreist, singst, scheisst auf alles, es herrscht 90 Minuten Anarchie. Nur prügeln – das können sich heute die Jüngeren.
Dritter Teil. Weg in den Abgrund
Anfangs drehten wir sogar Videoclips mit den Locherguet-Jungs-Pullis, haben uns richtig inszeniert mit denen. Dann merkten wir allmählich, dass die Schmier richtig spitz ist auf uns. Sie haben immer wieder Leute von uns verhaftet. Einfach, weil sie LGJ-Pullis trugen. Wir seien die, die überall Stress machten, vor allem an Spieltagen.
Was uns einte, war der Verlust unseres treuen Freundes Zoran. Wir verbrachten viel Zeit miteinander. Von morgens bis abends sassen wir auf der Bank vor dem Ararat-Imbiss oder im Innenhof der Lochergut-Hochhäuser. Und das hat, ehrlich gesagt, alle auch ein bisschen crazy gemacht.
Zwischen 16 und 25 war ich ein wandelndes Chaos. Da hatte ich es auch mit meinen Eltern nicht einfach. Es ist der Kopf, der in jungen Jahren ein bisschen verrückt spielt.
«Die Fussballszene hält mich jung. Du gehst ins Stadion, schreist, singst, scheisst auf alles, es herrscht 90 Minuten Anarchie …
… nur prügeln – das können sich heute die Jüngeren»: Mc Hero und Mitglieder der Locherguet-Jungs.
Einmal schickte die Jugendanwaltschaft den Sozialdienst SIP zu mir nach Hause, damit die kontrollierten, wie gross mein Zimmer war. Weil ich immer wieder gewalttätig wurde. Die dachten, das liegt vermutlich auch an der Wohnung, dass ich in einem viel zu kleinen Zimmer lebe und deshalb langsam verrückt werde. Dann stand also eines Tages die SIP bei uns zu Hause und schaute sich unsere Wohnung an, und für meine Eltern war das ein riesiger Schock, denn die unternahmen alles, dass es mir gut geht. Natürlich lebten wir nicht im Luxus, es hat mir aber auch an nichts gefehlt.
Aber mein ganzes Umfeld war kriminell, tickte Drogen und so, war hässig und gewaltbereit, und das prägte mich.
Ich kann mich erinnern, dass ich auf Lehrstellensuche die Diskriminierung wegen dem -ic in meinem Namen voll zu spüren bekam. Es spielte keine Rolle, dass ich einen Schweizer Pass hatte und hier geboren war. Die fremdenfeindlichen Kampagnen der SVP waren extrem, und das wirkte sich auf unsere Leben konkret aus. Und das hat dazu beigetragen, dass ich damals hässig war auf alles und jeden, der nicht einer von uns war, einer aus dem Quartier. Als es mir später nicht so gut ging, besuchte ich eine Therapie, reden und so, und dort sagte man mir, dass bei mir mehrere Traumata dafür verantwortlich waren, dass ich so häufig ausrastete, der Verlust von mehreren Freunden, die jung starben, die Gewalt, die ich erfuhr.
Anfang 20 kam der Tag, wo mir klar wurde, dass ich mein Leben ändern muss, wenn ich nicht komplett abrutschen will.
Ein Kollege von mir sass im Jugendheim Aarburg, einer geschlossenen Anstalt. Er hatte Urlaub, wir holten ihn mit dem Auto ab.
Er sagte: «Jungs, ich habe einen Tipp bekommen. In einer Wohnung auf dem Weg nach Zürich wurde soeben eine grosse Menge Gras angeliefert. Sie wartet nur darauf, dass wir sie stehlen.»
Ich sagte: «Bruder, willst du nicht zuerst einmal nach Hause, deine Familie sehen?»
«Aber brate», sagte er, «der Bunker, er liegt wirklich direkt auf dem Heimweg. Es wäre Zeitverschwendung, es nicht zu tun. Wir müssen nur schnell dort anhalten, rein, raus, und haben ganz viel Gras.»
Sein Informant hatte ihm erklärt, dass wir bloss durch ein offenes Küchenfenster in eine leere Wohnung steigen müssten, und dort liege dann all das Gras.
Ich sagte, okay, gehen wir hin, wenn der Tipp stimmt, dann wäre das ja keine grosse Sache.
Das Fenster stand tatsächlich offen und mein Kollege kletterte rein. Ich stieg ihm nach. Ich war noch am Reinklettern, da hörte ich drinnen einen riesigen Tumult, ich hörte ein lautes Krachen, dann Schreie und Schläge.
Ich rannte ins Wohnzimmer und sah, dass hier gar kein Gras war, sondern ein Typ, der auf meinen Kollegen einprügelte. Und von draussen begannen Leute gegen die Wohnungstür zu treten. Offenbar wohnten in der Wohnung nebenan ebenfalls Dealer, die wiederum Kollegen dieses Dealers waren, und sie hatten den Tumult gehört und wollten ihrem Kollegen helfen und die Tür aufbrechen. Was für ein katastrophaler Tipp. Es fühlte sich an wie eine Falle.
Ich griff nach dem Nächsten, was mir in die Finger kam – ein Toaster –, und schlug ihn dem Dealer dreimal über den Kopf. Er liess meinen Kollegen los, und wir flüchteten durch das Küchenfenster wieder aus der Wohnung.
Der Dealer hatte beim Tumult meinen Kollegen in die Hand gebissen. Und irgendwer hatte wegen des Krachs die Cops gerufen, die tauchten auf und der Dealer erzählte, wir seien in die Wohnung eingedrungen und hätten ihm Geld geraubt. Was zwar nicht stimmte, aber nun suchten die Cops jemanden mit Bisswunden an der Hand. Und als mein Kollege nach dem Wochenende aus seinem Hafturlaub zurück nach Aarburg kam, packten sie ihn ein.
Ich arbeitete damals bei der ABB. Dort hatte ich kurz zuvor meine Lehre zum Polymechaniker abgeschlossen. Ich hatte gerade meinen Tag begonnen, als mich mein Vater anrief: Die Polizei sei bei uns daheim gewesen, sie suchten nach mir. Ich ging zu meinem Betreuer. Ein Jugo. Ich hatte es immer gut mit ihm.
«Zvonko», sagte ich ihm. «Ich habe Scheisse gebaut. Die Polizei kommt mich holen. Was soll ich tun?»
Er sagte, ich solle mich den Bullen stellen, bevor die bei der Arbeit aufkreuzten. Er würde den anderen sagen, mir gehe es nicht gut. Dann rief er meine Eltern an. Sie sollten sich keine Sorgen machen, sagte er. Er habe mich krankgemeldet. Ich würde bei der Arbeit keine Probleme kriegen.
Ich sass zwei oder drei Tage in Solothurn im Gefängnis. Die Anklage lautete auf bewaffneten Raub. Sie forderten für mich 2 Jahre unbedingt und packten gleich auch noch einige Stadionsachen mit rein. Mein Kollege, der wäre komplett am Arsch gewesen: 7½ Jahre forderten sie für ihn wegen seiner ganzen Vorgeschichten. Was für ein Debakel, wo wir doch dachten, wir würden einfach ein bisschen Gras stehlen.
Vor Obergericht konnte mein Anwalt beweisen, dass es bei der Sache nicht um Geld gegangen war, dass kein Geld gestohlen worden war. Dass es sich nicht um einen Raub handelte. Und das Gras war gar nie Thema. Denn etwas, das illegal ist, kannst du sowieso nicht stehlen, denn es ist ja illegal. Checksch?
Schliesslich ging es nicht mehr um bewaffneten Raub, sondern um Hausfriedensbruch. Ich kam mit Bewährung davon, und mein Anwalt sagte: «Herr Coralic, ich hoffe, Sie verstehen, dass Sie de letscht Zwick a de Geissle hend.»
Vierter Teil. An die Spitze der Albumcharts
Der Besitzer des Kampfsport-Gyms 360 Martial Arts sah Potenzial in mir. Er nahm mich unter seine Fittiche und zwang mich, jeden Tag mit ihm joggen zu gehen. Ich staunte selbst über meine Disziplin, und so absolvierte ich bald einige Kämpfe in Boxen, Mixed Martial Arts und Ju-Jutsu. Der Mann zog mich aus dem Sumpf in einer schwierigen Zeit – ich hörte sogar auf zu rauchen – und brachte mich zur Musik zurück, wo ich schliesslich auf die beiden Rapper L Loko und Drini traf, mit denen ich bereits aufgewachsen war und denen ich viel zu verdanken habe.
Mit ihnen bilde ich heute das Musikerkollektiv Sektion Züri. Während der Pandemie bezogen wir an der Bahnhofstrasse den Tresorraum einer alten Bank, gossen den Boden und zogen Wände, investierten eine erhebliche fünfstellige Summe in unser Studio und entwarfen einen Masterplan, wie wir uns voll und ganz auf die Musik konzentrieren können. Durch Sponsoringverträge garantieren wir uns einen Mindestlohn. Dafür engagierten wir einen Brandmanager, Genc. Ebenfalls ein enger Jugendfreund aus dem Quartier. Als Sektion Züri unterschrieben wir einen Deal mit Sony.
Tatsächlich leben wir inzwischen von der Musik. Und was noch besser ist: Sektion Züri ist eine Familienangelegenheit, eine Lochergut-Geschichte, ein Kreis-4-Kreis-3-Ding. Wir kennen uns alle seit der Schule, kommen aus derselben Ecke. Wir erlebten in unserer Jugend dieselben Geschichten von Gewalt, Wut, Absturz. Und fanden dann schliesslich mit der Musik einen konstruktiven Weg, mit all dem struggle umzugehen.
L Loko und Drini sind musikalisch viel breiter als ich, und ich denke, ihr nächstes Album wird eine grosse Sache. Es ist die Frage, die sich auch für mich nun stellt: Wie schaffe ich es, meine Musik in die Breite zu tragen?
2018 schrieb ich zum Beispiel das Stück «3. Halbziit», das von meinem damaligen Leben als Fussballultra erzählt. Heute würde diese Art von Strassenberichterstattung viele Leute abschrecken. Sie würden denken: Was für ein Psycho. Und wenn wir den für ein Konzert buchen, dann kommen die Asozialen, die Ausländer, dann gibt es sowieso nur Stress. Darüber reden wir viel, L Loko, Drini und ich: Wie können wir für mich eine Breitenwirkung erzielen, die L Loko und Drini mit einem Song wie «Will nomeh» erreicht haben?
Wenn ich zum Beispiel Patent Ochsner höre, wie die Leute durchdrehen, wenn sie «W. Nuss vo Bümpliz» spielen, diese unglaublichen Emotionen, die da transportiert werden: Dann denke ich, das wäre vermutlich ein Weg, das ganze Land zu erreichen. Ich müsste ein Stück mit Patent Ochsner aufnehmen. Diese Band hat es mit ihrer Musik geschafft, dass ihr die ganze Schweiz zuhört. Dann würden die Leute merken, ich bin gar nicht so anders als sie, ich bin eigentlich einer von ihnen. Damit würde die Distanz zwischen meiner Lochergut-Welt, meiner Strassenrap-Welt und ihrer Blumen-Welt gebrochen.
Fünfter Teil. Alles wird gut
Zum ersten Mal in meinem Leben schlafe ich gut. Zum ersten Mal seit vielen Jahren wache ich ohne Herzrasen auf. Ich hatte so viel Kummer. Chaos in meinem Kopf. Stress mit den Behörden. So viel Druck, weil ich nicht wusste, wohin der Weg mich führt.
Bruder, ich hatte kein Geld. War ständig kriminell. Ich hatte überall Schulden, weil ich auch noch spielsüchtig war.
Bruder, im Casino Zürich, da liessen die mich irgendwann auch mit Badehose und Trägershirt rein. Sie freuten sich immer, wenn ich kam, weil ich so viel Geld verlor. Über 380 Besuche rechneten sie mir mal vor.
Mein Leben war völlig unstrukturiert. Und wenn ich doch etwas schaffte, fiel alles wieder zusammen. Zum Beispiel als ich einen Vertrieb für legales Cannabis aufbaute, gab es einen Wasserschaden im Zuchtbetrieb. Und dann stand ich wieder auf null.
Weisst du, ich habe zwei kleine Neffen. Beide keine 10 Jahre alt. Goldschätze. Ich liebe sie über alles. Sie sind so unglaublich lieb und hilfsbereit. Und dann spüre ich einen Stich im Herzen, wenn ich mir vorstelle, dass diese kleinen, unschuldigen Wesen in ein Umfeld geraten könnten, wie es mir damals passiert ist. Wo man gefressen wird, wenn man lieb, hilfsbereit, anständig ist. Was würde eine solche Situation für diese beiden kleinen Menschlein bedeuten?
Als ich selbst ein Kid war, war meine Wahrnehmung sehr verdreht. Nicht nur von mir. Von meinem ganzen Umfeld. Wir schauten hoch zu den Problemfällen im Quartier, zu jenen, die gewalttätig und kriminell waren und immer Stress mit der Polizei hatten. Wir bewunderten sie für all das, und ein paar Jahre später stand ich am selben Punkt, mit denselben Problemen. Es ging mir überhaupt nicht gut, mein Leben war mir entglitten, und dann realisierte ich, dass ich derjenige war, zu dem die Jüngeren im Quartier nun hochschauten.
Sie blickten zu mir hoch, weil ich für sie den starken Macker darstellte, der nicht davor zurückschreckte, sich zu prügeln. Was sie aber nicht sahen, war, wie schlecht es mir gleichzeitig ging und dass ich eigentlich nur eine Rolle spielte.
Wenn man so jung ist, dann denkt man, der ist ein real motherfucker, denn der prügelt sich ständig. Ich würde antworten: Ich bin deshalb ein real motherfucker, weil ich als Rapper etwas erreicht habe. Und weil ich nicht mehr gemein sein will zu anderen, weil ich konstruktiv sein will, mit mir selbst und mit den Leuten, denen ich begegne.
Du fragst mich, brate, an welcher Version sich die Kids ein Vorbild nehmen sollen? Dem Schlägertypen von damals oder dem Rapper von heute?
Dem Rapper, Bruder.
Heute sitze ich am Lochergut und denke, dass ich an einem akzeptablen Ort angekommen bin. Wenn mir heute etwas nahe geht, verarbeite ich es in Songs. Wir haben unser Label, unser Studio. Die Musik funktioniert. Ich bin dabei, eigene Ćevapčići auf den Markt zu bringen: «čići – made by your brate». Mit Biofleisch aus dem Zürcher Oberland von Rindern, die mindestens 8 Jahre gelebt haben. Und ein Mangolikör kommt auch bald. Ähnlich wie Berliner Luft. Ich nenne ihn «Mangotika».
Und nicht nur bei mir läuft es gut, oder bei L Loko und Drini. Andere Leute von uns, von unserer Gruppe, die wir damals am Lochergut gründeten, haben den Kiosk an der Ecke vom Ararat-Imbiss übernommen. Beide Orte waren jahrelang quasi unsere Zuhause.
Kürzlich spielte ich an der Langstrasse eine Show. Die Bühne war ein 4 Meter hoher Foodtruck. Während des Konzerts sprang ich vom Lastwagen in die Menge. Es war eigentlich kriminell hoch für Stagediving, aber ich wusste, dass mich die Leute auffangen würden. Dass ich einfach blind hinunterspringen konnte. Denn ich weiss, dass die Leute schätzen, was ich für diese Stadt, das Quartier getan habe, dass ich durch mein Engagement in der Fanszene viel dazu beigetragen habe, dass wir Stadtzürcher, wir vom FC Zürich, heute stolz sagen können, dass wir die Nummer 1 sind in der Stadt und vielleicht sogar im ganzen Land. Und dass es das Mindeste ist, dass ich blind darauf vertrauen kann, dass sie mich auffangen, wenn ich an einem Konzert in dieser Stadt aus 4 Metern Höhe in die Menge springe.
Aber manchmal holen sie mich ein, die Geister aus der Vergangenheit. Wenn zum Beispiel schon wieder ein enger Weggefährte stirbt, als würde ein Fluch über uns liegen.
Oder wenn ich nachts wach liege und an Dinge denke, auf die ich überhaupt nicht stolz bin. Dinge, die ich bereue. Kummer, den ich anderen bereitete.
Kürzlich sassen wir frühmorgens vor dem Dönerladen Ararat auf den beiden Bänkli, auf denen wir früher immer sassen und von wo aus wir das Quartier unsicher machten. Es war heiss, wir chillten. Ein Freund von mir spritzte mit einer Wasserpistole eine Frau ab. Sie wurde sauer und rief die Polizei. Natürlich waren wir die falschen Leute am falschen Ort. Die Locherguet-Jungs am Lochergut, das sich doch so verändert hat. Da reichte auch eine Wasserpistole für den Grosseinsatz.
Ein paar Minuten später stürmten Polizisten mit gezogenen, echten Pistolen auf uns zu, zielten auf uns. Dann, obwohl sich die Sache längst aufgeklärt hatte, drückten sie uns zu Boden und verhafteten uns.
«Manchmal holen sie mich ein, die Geister aus der Vergangenheit»: Semir Coralic.
Mc Heros Erfolge – und warum Rapper Stress an seinen Durchbruch glaubt
Semir Coralic alias Mc Hero wurde 1991 in Zürich geboren und gehört heute als Teil des Musikerkollektivs Sektion Züri zum Aufsehenerregendsten, was die Schweizer Musikszene zu bieten hat. Sein Album «Vo was redemer» erreichte 2021 als erste Labelveröffentlichung von Sektion Züri Platz 2 der Schweizer Hitparade. Im April 2023 stieg «Schön hämmer gredet» auf Platz 1 ein. Das gemeinsame Album «Made in Wiedike» seiner Sektion-Züri-Kollegen L Loko und Drini wurde zur grossen Überraschung des Jahres 2022. Für den Song «Will nomeh» erhielten die beiden an den Swiss Music Awards 2023 die Auszeichnung «Best Hit» verliehen. Vor kurzem ist mit «Afterparty» eine Single erschienen als Vorgeschmack auf das nächste Album von L Loko und Drini, das Anfang 2024 erscheint.
Ein Musiker, der regelmässig mit Sektion Züri arbeitet und auf verschiedenen Sektion-Züri-Produktionen als Gast zu hören ist, ist Rapper Stress, einer der erfolgreichsten Schweizer Musiker. Was macht für Stress die Qualität von Mc Hero aus?
Er habe Mc Hero, den er für einen wahnsinnig liebenswerten Menschen halte, an einer Boxnacht kennengelernt, wo dieser selbst als Kämpfer im Ring gestanden habe, sagt Stress. Hero sei zu einem «ziemlich verrückten und wütenden Rapsong» eingelaufen, und nach dem Kampf habe er ihn gefragt, was das eigentlich für ein Track gewesen sei. «Er sagte, das sei sein eigener Song gewesen – und das fand ich dann doch ziemlich einzigartig, dass ein Boxer zu seinem eigenen Rapsong in die Halle läuft.»
«In Frankreich gibt es die Band 113, echte Ghettomusik», sagt Stress weiter. «Sie wurden mit ihrer rohen Art sehr bekannt. Sie sind nicht die besten Techniker, sie sind nicht wahnsinnig elegant, aber sie sind extrem authentisch – wie sie reden, wie sie rappen. Und das ist es letztlich, was ich am Rapper Mc Hero derart liebe: die authentische Art und Weise, wie er zu uns spricht, als einer von der Strasse, als einer, der von unten kommt. Und diese verblüffende Authentizität gibt eben der Musik eine Relevanz, denn das ist letztlich ja auch das, worum es in der Rapmusik geht.» Mc Hero öffne seinen Mund, und man erkenne ihn sofort.
Platz 1 der Schweizer Hitparade sei «ein erstaunlicher Erfolg», sagt Stress. Jetzt komme es darauf an, dass Mc Hero mit seiner harten Musik, mit seinen Geschichten vom täglichen Existenzkampf, der auch in der reichen Schweiz einen nicht unwesentlichen Teil unserer Gesellschaft betreffe oder berühre, mehr als nur eine Sparte erreiche. «Ich zweifle bei dem enormen Talent und Hunger nicht daran, dass Mc Hero und Sektion Züri der Schritt in die Breite gelingen wird», sagt Stress.