Man hört jeweils drei Argumente zugunsten des Kunstrasens: 1. Geringere Verletzungsgefahr, 2. Finanzielle Ersparnisse und 3. Besseres Spiel
1. hat die FIFA in einer Studie untersucht, inwiefern sich das Verletzungsrisiko von Naturrasen unterscheidet. Die Studie lässt keine klaren Schlüsse zu!!!
http://de.fifa.com/mm/document/afdevelo ... %5f343.pdf
(Nebenbei: Ich hab sogar gelesen, dass wegen dem aufgefüllten Material eine gewisse Feinstaubbelastung zu erwarten sei und daher nicht jeder Kunstrasen für Hallen geeignet ist.)
Ausserdem kann man das Verletzungsrisiko auch auf Naturrasen verringern, wie das Beispiel aus Barcelona zeigt:
http://www.stadionwelt.de/sw_business/i ... h%C3%B6r_1
2. habe ich noch nie wirklich eine Statistik gesehen, wieviel Geld man sparen könnte. Dass die Instandhaltungskosten geringer wären, als beim Naturrasen ist klar. Würde mich brennend für eine solche Statistik interessieren. Die meisten Kostenvergleiche der beiden Rasentypen sind langfristig. Der Kunstrasen von RB Salzburg wurde allerdings nach nur 4 Jahren bereits erneuert. Ob sich das Luzern leisten könnte, kann ich leider nicht abschätzen.
Man muss sich aber leider beim FCL auch fragen, ob man da nicht zuerst an anderen Stellen sparen sollte. In der Vergangenheit wurden Wechsel getätigt, die eine Menge Geld verschlungen haben, aber nichts brachten... Sehe hier eher ein Risiko, dass man das gewonnene Geld da wieder verschlampt...
3. Momentan stehen YB und Xamax weit oben. Beide haben Kunstrasen in ihrem Heimstadion. Doch ich mag bezweifeln, dass dies der Grund dafür ist. Erstens holten beide Teams auswärts einen Punkt mehr als zuhause und zweitens würden wohl beide Teams gegen ein Beachsoccer-Team auf Sand verlieren. Ist für mich eher eine Gewöhnungssache.
Füge einfach noch ein paar Punkte an
4. Der FC Luzern müsste sich langsam aber sicher überlegen, welche Art von Kunstrasen er sich anschafft. Da gibt es verschiedene Typen. Nicht alle werden für FIFA-Turniere zugelassen. Wenn der FC Luzern also mit internationalen Begegnungen plant (sei es CL, Uefa-Cup oder Nationalmannschaft), müsste er mehr Geld investieren. Zudem wurden neue Kunstrasentypen entwickelt, die noch nicht getestet wurden.
5. will ich sehen, wie bei Grätschen die der Matsch in die Luft gewirbelt wird und nicht wie sich die Spieler Brandwunden zuziehen, wie in Turnhallen. Ein Teil der Atmosphäre, wie auch dreckige Trikots und ein brauner Strafraum...
6. Wird es langfristig dazu führen, dass die Winterpause kürzer wird, weil der Spielbereich schneller vom Schnee befreit werden kann. Auch wenn ich mich bereits beim Beginn der Winterpause auf die Rückrunde freue, finde ich sie wichtig.
7. Kommt für mich ein sentimentaler Aspekt hinzu:
Als ich mit fünf Jahren bei den F-Junioren eines ländlichen Fussballvereines begann Fussball zu spielen, ahnte ich nicht von diesem grossen Ausmass, welches der Fussball heutzutage einnimmt und damals schon eingenommen hatte. Logischerweise war mir das zu der Zeit noch nicht bewusst, wie viele Aspekte mitunter eine Rolle spielen. Aber auch deswegen, weil ich mich nicht achtete. Es interessierte mich schlicht weg nicht. Das Einzige was ich wollte, war mit Kindern aus meiner Umgebung den Ball übers Spielfeld ins gegnerische Tor spielen. So nebenbei: in den Anfängen buxierte unser Team auch schon ein paar Bälle ins eigene Tor – aber auch das war uns egal. Denn was ich mit Fussball verbinde, ist der Spass am Spiel und eine Menge Emotionen. Auch ich habe mich verletzt. In den Wochen, in welchen ich nicht spielen durfte, wuchs die Vorfreude auf den Tag, an welchem ich wieder auf dem Platz stehen konnte immer mehr. Doch mittlerweile ist es so, dass man den Spass immer weniger findet, wo Geld Einfluss auf das Geschehen nimmt. (Nicht nur Fussball...)
Mal als hypothetisches Beispiel: Ich bin 30 Jahre mit meiner Jugendliebe zusammen. Doch hätte ich mich nach diesen 30 Jahren in diese alte Schachtel, die jetzt neben mir im Bett liegt und die ganze Zeit rumzickt je verliebt? Wohl kaum. Aber über die Jahre fällt es nicht auf, dass sie immer mehr Falten kriegt, sich die Beinhaare nicht mehr rassiert und immer mehr von dem bemängelt, was ich tue...
Kunstrasen ist nur eine kleine Falte. Um nur einige weitere Hässlichkeiten im Fussball aufzuzählen: Fussbälle mit speziellen Flugeigenschaften, passives Offside, Wettskandale, All-Seater-Stadien, Namensverkäufe, Sponsorenaufdrucke am ganzen Körper und auf meterhohen Banden... Auch Pyro, welche früher als Stimmungsmittel immer wieder gerne gesehen wurde, wird heute mit einem Attentat verglichen.
Jeden Schritt den wir voran- und Richtung totaler Kommerzialisierung entgegengehen, können wir nachträglich nicht mehr oder nur schwer zurückgehen. Dass diese „totale Kommerzialisierung“ nicht mehr aufzuhalten ist, ist wohl klar. Aber wir können sie zeitlich gesehen etwas abbremsen.
Argumente wie, auf Kunstrasen ergeben sich für uns auch spielerische Vorteile sind nichtig, wenn man bedenkt, dass die anderen Clubs langfristig gesehen den Fortschritt mitgehen werden. Wir werden den Grossen immer hinterherhinken, aber wir könnten auch stolz stehen bleiben. Stolz, aber nicht stur! (nochmals nebenbei: Welche Vorteile würden sich uns eröffnen, wenn wir das einzige Naturrasenstadion der Super League besitzen würde, wenn alle anderen auf Kunstrasen umstellen?)
Ist es nicht bei allen Dingen das Gleiche? Die Mächtigen werden mächtiger und reicher, weil sie bestimmen können, wie sich die Welt weiterentwickelt. Wir haben darauf praktisch keinen Einfluss, weil unsereins nicht zu dieser Minderheit gehört. Das Einzige was wir tun können, ist, uns zu hinterfragen, ob wir in diesem System so mitspielen wollen, oder ob wir uns dagegen stellen.
Ich will nicht alles was mit Werbung oder Sponsoring in Verbindung gebracht werden kann schlecht machen, da das Geld, welches überall investiert wird, irgendwie auch unserem Wohlstand zugute kommt. Aber diese Branche hat sich vor allem im Fussball so weit entwickelt, dass wir davon nur noch wenig spüren und vor allem, dass der Fussball, so wie ich ihn als 5-jähriges Kind kennengelernt habe, so nicht mehr existiert.
Stadionnamen werden verkauft und es schert praktisch keinen, da sich das Stadion ja nicht verändert hat. Man begibt sich weiterhin auf seinen angestammten Platz im Stadion, trinkt das gleiche Bier und fiebert immer noch für die gleiche Mannschaft. Lediglich der Name ändert sich und es bringt seinem Lieblingsverein ja sogar Geld... Alles wird verkauft (Nationalliga wird SuperLeague, aus Schweizer Cup wurde Swisscom Cup) Doch was ist mit den emotionalen Werten? Ein Frankfurter wird sein Leben lang vom Waldstadion reden und es als abscheulich erachten, dass man ihm nicht gebührend gedenkt (heute Commerzbank-Arena). Die Allmend wird für immer unser zuhause bleiben, in welchem wir gute und schlechte Tage erlebt haben, uns aber gerne an beide erinnern. Da reisst man dir dein Zuhause plötzlich ab und dein Zuhause ist nicht mehr dort wo du aufgewachsen bist, sondern ein Heim für Schwererziehbare (so wird es aussehen).
Tradition spielt keine Rolle mehr. Wer das Geld und den Erfolg (ein anderes Wort für Geld) sieht kümmert sich einen Scheiss um sie. Manchmal habe ich das Gefühl, man will unsere Erinnerungen vollständig löschen, um unseren Verstand zu kontrollieren, und aus uns noch mehr Geld rauszuziehen.
Kultfiguren, wie der Basler Platzwart, welcher für die Fans aus der Muttenzerkurve des FC Basel zum Team gehört, wie sie selbst, haben jenem gar mal eine Choreo gewidmet. Doch Fussball wird immer unpersönlicher. Solche Figuren verschwinden. (Nicht des Rasen wegens). Zuschauer müssen sich (nicht nur durch Zäune) immer mehr von der Mannschaft und dem Verein distanzieren. Und aus meiner Sicht relativ biederen Gründen.
Vereine wie Red Bull Salzburg rühmen sich familienfreundliche Stadion zu haben und die Verbände streben diesen Vorbildern nach. Ich war 93/94 an meinen ersten FCL-Spielen ... Mit 6 Jahren war ich damals davon überzeugt, dass das der Fussball sei. Es bestand zwar Interesse an den Spielen der Schweizer Nationalmannschaft, welche ich an der WM 94 zum ersten Mal wahrnahm im Fernsehen, aber es war halt nicht das Gleiche und ist es heute nicht und wird es nie sein, auch wenn sich die verschiedensten Fernsehteams rund um den Globus bemühen, immer bessere Bilder zu bringen. Am liebsten möchte man leere Stadien und volle Wohnzimmer. Die Spiele könnten in Hallen (da hätten wir wieder die Kunststoffböden) gespielt werden und die Zuschauer würden es trotzdem konsumieren. Obwohl es laut Verbänden heute viel familienfreundlichere Stadien braucht, waren mein Vater und ich nach jedem Spiel glücklich nachhause gegangen, auch wenn das Spiel nicht so ausging, wie wir uns das wünschten. Ich empfand es als sehr familienfreundlich und erinnere mich gerne an die Zeit zurück. Andere Erinnerungen aus diesen Jahren, welche nichts mit Fussball zu tun haben, sind längst verblasst. Wieso also etwas ändern? Was uns heute als familienfreundlich verkauft wird, ist der totale Kommerz. Wenn das Ganze weiterhin so schnell vorangetrieben wird, werde ich mich wohl in 15 Jahren in kein Stadion mehr begeben, weil sich, das was ich gelernt habe zu lieben, sich soweit verändert hat, dass ich es verabscheuen werde. Fussball wird nicht mehr die Begeisterung ausstrahlen wie er es mal tat. Für mich wäre es eine Katastrophe. Die Sponsoren würden sich einfach einen anderen Massenevent suchen...
Ich bin ganz klar gegen Kunstrasen. Doch wie verschafft man sich beim Verein Gehör? Ich, für meinen Teil, werde dem Verein einen Brief schreiben, in welchem ich meine Meinung zu dieser Thematik schildere. Wer ebenfalls gegen Kunstrasen im neuen Stadion ist, der soll es mir gleichtun. Auch wenn das Alles nichts bringt, haben wir uns wenigstens bemerkbar gemacht. Und es ist immer noch besser als hier rumzuheulen. Denn die Mannschaft, welche da Wochenende für Wochenende auf den Platz läuft, die spielt für uns. Wir sind die "Konsumenten". Deshalb ist es unser Recht uns zu Wort zu melden. Je mehr sich daran beteiligen, um so grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich der FCL um die Anliegen seiner Fans kümmert.