LZ hat geschrieben:FCL-Aktionärsstreit: Samih Sawiris, Hans Schmid und Marco Sieber machen den Weg frei
Die Triple-S-Gruppe beendet ihr Engagement als Aktionäre der FCL-Holding. Mehrheitsaktionär Bernhard Alpstaeg soll vom Rückzug aber nicht profitieren. Die Hintergründe und eine Chronologie der Ereignisse.
Cyril Aregger und Jérôme Martinu
11.02.2021, 05.00 Uhr
September 2020. Dies war ursprünglich die Frist, die sich die FCL-Aktionäre vor über einem Jahr gesetzt hatten, um den FCL-Aktionärsstreit am runden Tisch zu lösen. Die Frist verstrich, die Akteure, Hauptaktionär Bernhard Alpstaeg (55 Prozent der FCL-Holding-Aktien), der im Streit neutrale Josef Bieri (10 Prozent) und die Triple-S-Gruppe mit Samih Sawiris, Hans Schmid und Marco Sieber (gemeinsam 34,14 Prozent) kamen bis vor ein paar Tagen nicht vom Fleck.
Bis jetzt. Im Vorfeld zur Aktionärs-GV hat die Triple-S-Gruppe unserer Zeitung bekanntgegeben, dass sie ihr Aktienpaket abgegeben hat, um die Pattsituation aufzulösen. Nicht an Mehrheitsaktionär Alpstaeg, dem seit 2. Oktober 2019 ein Kauf- und Verkaufsangebot der Triple-S-Gruppe vorlag, sondern an Josef Bieri. Symbolischer Verkaufspreis: 300'000 Franken. Vor rund zehn Jahren haben Sawiris, Schmid und Sieber für ihre Anteile insgesamt über 10 Millionen Franken bezahlt, die zusammen mit rund 6,2 Millionen an Defizitbeiträgen in die Klub-Kasse flossen.
«Wir hätten natürlich auch weiterhin dabei bleiben können. Das hätte aber keinen Sinn gemacht, da alle Lösungsvorschläge von Mehrheitsaktionär Bernhard Alpstaeg abgelehnt wurden», erklärt Marco Sieber. «Wir ermöglichen dem FCL jetzt einen Neustart.» Die Transaktion ist abgeschlossen, Josef Bieri wird somit als Besitzer von gut 44 Prozent der FCL-Aktien an der GV von heute Donnerstag teilnehmen.
Heftiger Aktionärsstreit
Im Oktober 2019 war der lange schwelende Streit zwischen den FCL-Aktionären Bernhard Alpstaeg und der Triple-S-Gruppe (Samih Sawiris, Hans Schmid und Marco Sieber) offen ausgebrochen. Auslöser für den teils mit harten Bandagen geführten Streit war das 25-Prozent-Aktienpaket des ehemaligen Präsidenten Walter Stierli. Alpstaeg hatte sie von Stierli für 500000 Franken gekauft. Während sich Alpstaeg auf den Standpunkt stellte, dass die Aktien nun ihm gehörten, bestand die Triple-S-Gruppe auf der Abmachung, dass die Aktien zu einem viel höheren Preis zu verkaufen seien, um damit Geld für den FCL zu generieren. Sie verlangte, Alpstaeg solle sie zum Verkauf freigeben oder selber in die FCL-Kasse nachzahlen. Die Triple-S-Gruppe beteiligte sich zuvor auch anteilsmässig an den Defizitdeckungen der «Stierli-Aktien». Es kam seitens Alpstaeg gar zu Drohungen strafrechtlich relevanter Natur an die Adresse der Mitaktionäre. Diese Vorgänge sind bis heute weder juristisch noch persönlich bereinigt worden.
Am Ende setzte sich Alpstaeg durch. Im Nachgang traten alle Beteiligten aus dem Verwaltungsrat der Holding zurück. Er besteht seitdem noch aus FCL-Präsident Philipp Studhalter – er ist nicht Aktionär – und Josef Bieri. Bieri erwarb 2014 zehn Prozent der Aktien und ist im Aktionärsstreit neutral.
Um die verfahrene Situation zu lösen, wurde im November 2019 schliesslich ein runder Tisch ins Leben gerufen. Mit am Tisch sassen Bruno Affentranger als Vertreter von Hauptaktionär Bernhard Alpstaeg, Franz Egle als Vertreter der Triple-S-Gruppe sowie die beiden Grossaktionäre Josef Bieri und Hans Schmid. (ca)
Alpstaeg darf die Aktien vorerst nicht erwerben
Gemäss Hans Schmid ist ein baldiger Weiterverkauf der Triple-S-Aktien an Bernhard Alpstaeg durch Josef Bieri vertraglich ausgeschlossen. Auch Alpstaeg hat dies schriftlich zugesichert. Bieris Ziel dürfte sein, die neu erworbenen Aktien möglichst breit unter Zentralschweizer Geldgebern zu streuen, das Aktionariat zu erweitern.
Bis zu einem Weiterverkauf hat Josef Bieri das Aktienkapital von 44 Prozent der Holding selber einbezahlt. Bis zum Weiterverkauf der Aktien wird Bieri nun für 44 Prozent der FCL-Verbindlichkeiten aufkommen müssen – ein ziemlicher Brocken also. Den Rest trägt Bernhard Alpstaeg. Dies ist auch für die bevorstehende Lizenzierungsrunde der Swiss Football League relevant. Die entsprechenden Unterlagen muss der FCL bis Anfang März einreichen.
Hans Schmid: 25 Jahre für den FC Luzern
Mit dem Verkauf der Triple-S-Gruppe endet eine Ära. Nach 25 Jahren wird sich Hans Schmid (80) nicht mehr für den FCL engagieren. Der Gründer der Luzerner Schmid Gruppe trat 1996 dem Club 94 bei, der den FCL und insbesondere den Nachwuchs finanziell unterstützt. Im Jahr 2006 sorgte er mit einem Darlehen dafür, dass der FC Luzern in letzter Sekunde doch noch die Lizenz für die Super League erhielt. Auf Wunsch des damaligen Präsidenten Walter Stierli übernahm der Unternehmer 2011 zehn Prozent der FCL-Holding-Aktien für die er damals rund 3,2 Millionen Franken bezahlte. (ca)
Angesichts der Pandemie-Auswirkungen dürften auf die FCL-Aktionäre neben dem «normalen» strukturellen Defizit von rund 2 Millionen Franken nochmals dieselbe Summe hinzukommen, die von den Aktionären gedeckt werden müssen.
Josef Bieri war am Mittwoch nicht zu erreichen. Bruno Affentranger, Sprecher von Bernhard Alpstaeg, wollte sich zum Thema nicht äussern.
Die Triple-S-Gruppe ist nun also Geschichte. Doch was geschah in den letzten Monaten hinter den FCL-Kulissen? Das Gespräch mit den ehemaligen Aktionären, die auch eine Reihe von Dokumenten präsentierten, gibt einen Einblick in die letzten Monate seit dem Start des runden Tisches:
Die Chronologie der Ereignisse
Die Vorgeschichte
Im Oktober 2019 war der lange schwelende Streit zwischen den FCL-Aktionären Bernhard Alpstaeg und der Triple-S-Gruppe (Samih Sawiris, Hans Schmid und Marco Sieber) offen ausgebrochen. Auslöser für den teils mit harten Bandagen geführten Streit war das 25-Prozent-Aktienpaket des ehemaligen Präsidenten Walter Stierli. Alpstaeg hatte sie von Stierli für 500'000 Franken gekauft.
Während sich Alpstaeg auf den Standpunkt stellte, dass die Aktien nun ihm gehörten, bestand die Triple-S-Gruppe auf der Abmachung, dass die Aktien zu einem viel höheren Preis zu verkaufen seien, um damit Geld für den FCL zu generieren. Sie verlangte, Alpstaeg solle sie zum Verkauf freigeben oder selber in die FCL-Kasse nachzahlen. Die Triple-S-Gruppe beteiligte sich zuvor auch anteilsmässig an den Defizitdeckungen der «Stierli-Aktien». Es kam seitens Alpstaeg gar zu Drohungen strafrechtlich relevanter Natur an die Adresse der Mitaktionäre. Diese Vorgänge sind bis heute weder juristisch noch persönlich bereinigt worden.
Am Ende setzte sich Alpstaeg durch. Im Nachgang traten alle Beteiligten aus dem Verwaltungsrat der Holding zurück. Er besteht seitdem noch aus FCL-Präsident Philipp Studhalter – er ist nicht Aktionär – und Josef Bieri. Bieri erwarb 2014 zehn Prozent der Aktien und ist im Aktionärsstreit neutral.
Um die verfahrene Situation zu lösen, wurde im November 2019 schliesslich ein runder Tisch ins Leben gerufen. Mit am Tisch sassen Bruno Affentranger als Vertreter von Hauptaktionär Bernhard Alpstaeg, Franz Egle als Vertreter der Triple-S-Gruppe sowie die beiden Grossaktionäre Josef Bieri und Hans Schmid.
Die Suche nach Investoren
Schnell war klar, dass Hauptaktionär Bernhard Alpstaeg den Anteil der Triple-S-Gruppe nicht kaufen wird. Klar war aber auch, dass sich kein Investor finden wird, der 10 Millionen Franken für einen 34,14-Prozent-Anteil ohne echte Mitsprachemöglichkeit bezahlen wird. Bernhard Alpstaeg hatte deshalb gemäss der Triple-S-Gruppe zugesagt, über den Verkauf seiner Mehrheit über drei Jahre verteilt an einen Investor zu verhandeln.
Um in die engere Auswahl zu kommen, mussten die potenziellen Investoren seriös sein, einen Entwicklungs- und Finanzierungsplan für den Klub vorlegen und die Bereitschaft mitbringen, massiv in den Klub zu investieren. Kein Kriterium war laut Marco Sieber die Nationalität des Investors:
«Der Käufer sollte einen Bezug zur Region haben, aber der Pass spielte dabei keine Rolle. Schliesslich hat ja auch Samih Sawiris keinen Schweizer Pass – und bei ihm war die Nationalität nie ein Thema.»
Ein Verkauf an einen Hedgefonds, der mit fremdem Geld arbeitet oder an irgendwelche undurchsichtige Figuren, sei jedoch ganz klar ausgeschlossen worden.
Gemeldet haben sich rund 20 potenzielle Investoren – auch aus der Zentralschweiz. Spruchreif wurde eine «regionale Lösung» jedoch nie. Konkreter war das Interesse zweier grosser italienischen Fussballklubs. Die hätten den FCL in ihr Ausbildungssystem einbauen wollen, um Nachwuchsspieler in der Schweiz weiter auszubilden, ehe sie für Einsätze in ihren Stammklubs in Frage kommen. Auch die FCL-Junioren hätten von der Zusammenarbeit und dem Know-how profitieren können. Marco Sieber erklärt:
«Dem FC Luzern hätten sie so eine einmalige, professionell abgestützte, international ausgerichtete Entwicklungsperspektive geboten.»
Die Eigentümer der beiden Teams respektive deren Vertreter, hatten sich auch bereits in Luzern umgeschaut. Wegen der Pandemie zogen sich aber auch diese Interessenten zurück. «Angesichts der unsicheren Lage mussten sie erst einmal ihre bestehenden Investitionen in ihren Klubs absichern», zeigt Marco Sieber Verständnis.
Der Plan B
Im September 2020, der ursprünglich gesetzten Frist, waren noch immer keine Käufer der Triple-S-Aktien in Sicht. Hans Schmid entwickelte deshalb einen Plan B. Kurz gesagt sollten die fünf FCL-Aktionäre das bisherige Aktienkapital auf Null abschreiben und danach sofort insgesamt 5 Millionen Franken neues Kapital einzahlen.
Per direkter Aktienzuteilung hätten dann die fünf Hauptaktionäre Alpstaeg, Bieri, Sawiris, Schmid und Sieber je 10 Prozent erhalten. 20 Prozent sollten im Besitz der Holding verbleiben und 30 Prozent sollten schrittweise an neue – möglichst Zentralschweizer – Investoren verkauft werden.
Insgesamt wären dem FCL so 10 bis 15 Millionen Franken neu zugeflossen. Laut Schmid wandte sich Alpstaeg als Einziger gegen den Vorschlag, Plan B war somit auch gestorben.
Die Kehrtwende
Im Herbst zeichnete sich dann eine konkrete externe Lösung ab: Ein US-amerikanischer Investor aus der Sportbranche wollte sich in Luzern niederlassen – und beim FCL einsteigen. In einer Absichtserklärung, die unserer Zeitung vorliegt, heisst es, er wolle die Triple-S-Aktien für 3 Millionen Dollar (gut 2,7 Millionen Franken) kaufen.
Weiter wollte er während vier Jahren je 4 Millionen Franken in den Klub investieren, wenn er in drei Jahren gestaffelt 100 Prozent übernehmen könnte. Mit dem US-Amerikaner, dessen Firma im Investment-Management – auch im Bereich Sport – tätig ist, wurden mehrere Video-Gespräche geführt – auch direkt mit Bernhard Alpstaeg, so Hans Schmid. «Doch zwischen Weihnachten und Neujahr machte Bernhard Alpstaeg eine Kehrtwende», erinnert er sich.
«Er teilte uns mit, er wolle seine Mehrheit an der FCL Holding nun doch behalten und diese in den nächsten zehn Jahren nicht verkaufen. Das stand im absoluten Widerspruch zu den Abmachungen des runden Tisches und bedeutete das Ende der Verhandlungen mit dem amerikanischen Investor.»
Der Schlusspunkt
Durch dieses Ereignis gelangte die Triple-S-Gruppe schliesslich zur Überzeugung, dass keinen Sinn macht, weiter nach gemeinsamen Lösungen zu suchen. Alpstaeg habe systematisch alle Vorschläge abgelehnt, machte selber aber keine. «Es zeigte sich, dass am runden Tisch – der eigentlich viel arbeitete und konstruktiv funktioniert hatte – wegen des widersprüchlichen und willkürlichen Verhaltens des Mehrheitsaktionärs letztlich nur Kulissenschieberei betrieben werden konnte», bilanziert Marco Sieber. Deshalb habe man die Aktien Josef Bieri übergeben. «Schweren Herzens, weil uns allen drei der FCL nach wie vor sehr am Herzen liegt», wie Sieber sagt.
«Aber weitere Monate ohne Aussicht auf eine Lösung, das hätte dem Klub zu sehr geschadet.»
Die Triple-S-Gruppe hat gemäss eigenen Berechnungen seit 2011 inklusive der Aktienkäufe an den FCL Beiträge in der Höhe von rund 14,4 Millionen Franken bezahlt.