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CH-Nationalmannschaft - Der Weg zum EM-Titel 2008

locärne
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Beitrag von locärne » 27. Mär 2008, 12:36

Schade, schade! trotz guten individualisten wird die Schweiz an der Em2008 keine tragende rolle spielen. nach der Wm haben Zubi, der nun in den senkel gestellt wurde und vor allem köbi ihren abgang verpasst. die damalige Polemik in der presse - ausgelöst von hüppi und Sutter - hat nicht gereicht, aufzuzeigen, dass die zeit von Kuhn abgelaufen war. die Schweiz hat zwei verlorene Jahre hinter sich und dies vor dem wahrscheinlich letzten fussballgrossevent in der Schweiz ........ Einfach nur schade!!

Neue Zürcher Zeitung, bir. Basel, 26. März

Demaskierung im EM-Stadion.

Die Schweizer Fussballer verlieren den Test gegen Deutschland 0:4

Die SFV-Auswahl hat im zweijährigen EM-Vorlauf ohne Wettbewerbsspiel einen Tiefpunkt erreicht. Die Deutschen waren in allen Belangen besser und gewannen kein Tor zu hoch. Die Stürmer Klose, zweimal Gomez und Podolski schossen die Tore. ...
Die SFV-Auswahl hat im zweijährigen EM-Vorlauf ohne Wettbewerbsspiel einen Tiefpunkt erreicht. Die Deutschen waren in allen Belangen besser und gewannen kein Tor zu hoch. Die Stürmer Klose, zweimal Gomez und Podolski schossen die Tore.

Die Schweizer Fussballer hatten sich vor dem drittletzten Test vor der Euro sehr viel vorgenommen, sie wollten Respekt haben, aber nicht in Ehrfurcht erstarren. Sie wollten die Serie der Niederlagen – 0:1 gegen die USA, 0:1 gegen Nigeria, 1:2 in England – brechen und mit einem positiven Resultat gegen Deutschland, gegen einen weiteren sogenannt «Grossen» des europäischen Fussballs, Mut schöpfen im Hinblick auf die EM-Endrunde im eigenen Land. Köbi Kuhn, der Trainer, gestaltete die Rückkehr des Captains Alex Frei mit einer Systemumstellung. Behrami, Inler und Fernandes bildeten eine Dreierkette vor der Abwehr, Barnetta nahm im Zentrum den Platz ein vor den zwei Sturmspitzen Frei und Derdiyok. Es sollte aus Sicht der Schweizer alles anders, besser, kompakter werden. Vor den Spielen gegen England und Deutschland hatte Kuhn verlauten lassen, er wisse nach diesen Brocken, wo er den Hebel anzusetzen habe. Und jetzt das: 0:4 gegen Deutschland, null Diskussionen über den Ausgang der Partie, immer mehr Fragezeichen, unzählige Baustellen, Ratlosigkeit und zuletzt die Demaskierung.
Hauptprobe missglücktKuhn ist nicht gescheiter geworden, erlitt mit seiner Systemumstellung Schiffbruch und musste mit ansehen, wie ihm und seinen Spielern in ihrem EM-Stadion die Hauptprobe vollends missglückte. Sicher, es kann nicht genug darauf hingewiesen werden, dass letztlich nur zählt, was die Schweizer im EM-Eröffnungs-Spiel am 7. Juni zu leisten imstande sind. Trotzdem war der Test am Mittwoch vor annähernd 40 000 Personen alles andere als hoffnungspendend. Kam dazu, dass der Trainer in der zweiten Halbzeit wiederum einen Spieler nach dem anderen auswechselte und so nicht nur das anfängliche System, sondern bis am Schluss auch die Mannschaft sezierte. Kuhn kann nur eines gesehen haben: Dass es so überhaupt nicht geht.
Anzeige Schon zu Beginn zeichnete sich ab, wohin die Reise der Schweizer gehen könnte. Sie waren auf dauernder Positionssuche, kamen nicht auf Touren und mussten dem Gegner schon in den ersten 110 Sekunden zwei Torchancen zugestehen. Sie wurden danach besser, glichen das Geschehen bisweilen sogar aus und hatten vor der Pause mit einem Kopfball und einem gefährlich abgelenkten Freistoss Alex Freis zwei gute Torchancen. Nachher kam noch ein Strohfeuer, als Barnetta seinen Schuss abgeblockt und Gygax den seinigen aus Distanz vom deutschen Torhüter Lehmann abgewehrt sah. Doch das war auch schon alles. Als der Schiedsrichter nach den etwas über 90 Minuten den Schlusspunkte setzte, trotteten die Schweizer verdattert von dannen. Spricht hier jemand vom EM-Titel?
Nach 23 Minuten hatte Miroslav Klose nach Vorarbeit Mario Gomez zum 0:1 getroffen, Michael Ballack und Gomez vergaben vor und nach der Pause zwei grosse Chancen, bevor ebendieser Gomez zur Tat schritt: Er erhöhte in der 61. und 67. Minute zum 0:2 und zum 0:3. Vor dem dritten Tor war ein Pass der Schweizer im holprigen Boden steckengeblieben – könnte man als Erklärung bemühen. Doch solche Entschuldigungen lösten sich in Luft auf, zumal kurz vor Schluss Lukas Podolski auch noch das 0:4 erzielte, nachdem Diego Benaglio am Ball vorbeigerutscht war. Die Landung der auch physisch unterlegenen Rot-Weissen war generell ausserordentlich hart. Was können sie aus diesem Test an die Euro mitnehmen? Nichts Positives. Rein gar nichts. Und die Trainer müssen über die Bücher.
Da passte wenig zusammenDie Abwehr? Vier Gegentore. Das Mittelfeld? Kein Zusammenhalt. Der Sturm? Keine Durchsetzungskraft. Das System? Gescheitert. Alex Frei hat nach seiner einjährigen Absenz noch nicht die Standhaftigkeit früherer Tage, Eren Derdiyok spielte erst sein zweites Länderspiel. Barnetta war zwar einer der Willigsten, suchte den Zug zum Tor, war aber in der zentralen Rolle verloren. Doch die meisten Rätsel gaben auf den Seiten der übermütige Behrami und der etwas herumirrende Fernandes auf. Da passte wenig zusammen. Auf dem Weg an die Euro folgte der nächste Rückschlag. Vielleicht spendet ihnen ja die Geschichte des deutschen Sommermärchens 2006 etwas Trost: Anfang März 2006 verloren die Deutschen in Italien 1:4 und wurden mit Kritik zugedeckt. Ein paar Wochen später lebten sie ihr Märchen. Noch immer ist auch für die Schweizer Fussballer alles möglich.

Stimmen zum Spiel Köbi Kuhn (Schweizer Nationalcoach): «So haben wir uns das nicht vorgestellt; fast in allen Belangen waren wir unterlegen und bauten den physisch starken Gegner auf. Es gibt nichts schönzureden. Nach einer schwachen Startphase sah es in der ersten Hälfte noch vernünftig aus. Mit individuellen und unnötigen Fehlern haben wir uns fast ein bisschen amateurhaft angestellt. Die Deutschen waren klar besser, und eben: Wir halfen kräftig mit.»
Stephan Lichtsteiner (Schweizer Aussenverteidiger): «Das 0:4 ist ein sehr hartes Resultat. Die erste Halbzeit war gut, nach der Pause kamen wir zu Chancen. Zwei dumme Ballverluste führten dann zum 0:2 und zum 0:3. Danach ging nichts mehr.»
Tranquillo Barnetta (Schweizer Mittelfeldspieler): «Das Resultat ist ein bisschen zu deutlich ausgefallen, das haben wir nicht verdient. Bis zum 0:2 haben wir ein ordentliches Spiel gemacht, wir hatten auch unsere Möglichkeiten. Wir werden jetzt nicht aufgeben und uns bei der Euro ganz anders präsentieren.»
Mario Gomez (zweifacher Torschütze für Deutschland): «Wir wollten unbedingt gewinnen, nachdem wir in den letzten Spielen zu wenig gelaufen waren. Die Schweizer? Tja, vielleicht haben die Spieler ein bisschen zu viel geredet vor dem Spiel und glaubten, es gehe gegen uns einfacher.»
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Beitrag von Radiohead » 27. Mär 2008, 13:30

Mario Gomez (zweifacher Torschütze für Deutschland): «Wir wollten unbedingt gewinnen, nachdem wir in den letzten Spielen zu wenig gelaufen waren. Die Schweizer? Tja, vielleicht haben die Spieler ein bisschen zu viel geredet vor dem Spiel und glaubten, es gehe gegen uns einfacher

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Beitrag von locärne » 28. Mär 2008, 10:23

BLICK, Von Walter De Gregorio | 07:39 | 28.03.2008
Unter normalen Umständen müsste Köbi Kuhn zurücktreten. Wer viermal in Serie verliert und sich anschliessend in Ironie flüchtet, hat ein Problem.

Er nimmt die Realität nur noch verzerrt wahr. Aktuelles Beispiel: Pressekonferenz nach dem 0:4-Debakel gegen Deutschland in Basel. Ein Journalist fragt: «Herr Kuhn, wie wollen Sie die Negativ-Serie beenden?» Kuhn: «Indem ich das nächste Spiel gewinne.»

Gerne würden wir über Kuhns trockenen Humor lachen, irgendwie will uns das nicht mehr gelingen. Hat der Mann kapiert, worum es geht? Schlimm an der Tatsache, von Deutschland plattgewalzt zu werden, ist nicht allein dieser per se unwirtliche Aggregatzustand, sondern die Art und Weise, wie der Trainer sich plattwalzen liess: ohne Gegenwehr.

Zumindest das ist der Eindruck, den Kuhn vermittelt. Er wirkt passiv, angezählt, ohne Feuer. Probiert ausgerechnet gegen Deutschland ein neues Spielsystem und beobachtet, als ginge ihn das Ganze nichts an, wie seine Spieler verzweifelt nach Koordinaten suchen: Sie wirkten am Mittwoch verloren und verloren gelassen.

Die Umstände aber sind nicht normal. Darum wird Kuhn nicht zurücktreten. Der Verband wird ihn auch nicht entlassen, weil er es, wenn schon, vor einem Jahr hätte tun müssen. Ottmar Hitzfeld wird sich hüten, vorzeitig die Nationalmannschaft zu übernehmen. Und die Sponsoren haben keine Lust, neue Werbekampagnen zu starten.

Bleibt nur eins: Augen zu und durch – und die Hoffnung, dass man den Trainer bis Juni aus dem Dämmerschlaf holt. Hallo, Köbi, aufwachen! EM ist zu Besuch!


Für einmal gar kein schlechtes statement vom blick.
Wie schon gesagt, wurde der zeitpunkt der Ablösung verpasst. Köbi hat schon an der Wm im spiel gegen die Ukraine versagt. es ist nun kaum zu erwarten, dass er die Schweiz an der EM ins Viertelfinale bringt. wenn schon, dann gelingt dies nur, wenn die mannschaft von einer Euphorie getragen wird .....
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Beitrag von bluewhite pride » 28. Mär 2008, 11:24

locärne hat geschrieben:...
wenn schon, dann gelingt dies nur, wenn die mannschaft von einer Euphorie getragen wird .....

genau diese immer wieder hervorgebrachte euphorie dürfte auch entscheidend sein für die EM. Diese muss nämlich erstmal aufkommen, was in diesem Jahr einiges schwieriger sein dürfte, als vor der WM '06. Denn im Gegensatz zur WM hat sich die Schweiz die Teilnahme nicht sportlich selbst erarbeitet und schon gar nicht eine solch emotionale Barrage gegen die Türken überstanden. Stattdessen musste man sich zwei Jahre lang mit irgendwelchen Freundschaftsspielen fit halten.
Zudem dürfte auch die im Moment existente Verärgerung gegenüber der UEFA mit ihren dämlichen Regelungen (Gebühr für TV-Geräte, Carlsberg-Pisse-Gebot, etc.) noch ein Bremser sein.
Beurteilen kann man diese Euphorie aber wohl erst ganz kurz vor der EM.
Walter Stierli in NLZ hat geschrieben:Ich bin ein Gegner von Schnellschüssen.

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Beitrag von rubber » 28. Mär 2008, 11:28

bluewhite pride hat geschrieben:
locärne hat geschrieben:...
wenn schon, dann gelingt dies nur, wenn die mannschaft von einer Euphorie getragen wird .....

genau diese immer wieder hervorgebrachte euphorie dürfte auch entscheidend sein für die EM. Diese muss nämlich erstmal aufkommen, was in diesem Jahr einiges schwieriger sein dürfte, als vor der WM '06. Denn im Gegensatz zur WM hat sich die Schweiz die Teilnahme nicht sportlich selbst erarbeitet und schon gar nicht eine solch emotionale Barrage gegen die Türken überstanden. Stattdessen musste man sich zwei Jahre lang mit irgendwelchen Freundschaftsspielen fit halten.
Zudem dürfte auch die im Moment existente Verärgerung gegenüber der UEFA mit ihren dämlichen Regelungen (Gebühr für TV-Geräte, Carlsberg-Pisse-Gebot, etc.) noch ein Bremser sein.
Beurteilen kann man diese Euphorie aber wohl erst ganz kurz vor der EM.


Und das ist das eigentlich schadste an der Niederlage gegen Deutschland. Dieses Spiel hätte eine Initialzündung für die EM Stimmung sein können... aber naja, easy. Denke nicht dass das gemeine Fussballvolk die EM Stimmung von der UEFA abhängig macht, da hat die Nati mit seinen Auftritten in der Zukunft einiges mehr an Euphoriepontetional. Denke wenn das Wetter stimmt, wird die EM selber so oder so zur Party, dafür werden auch die ausländischen Gäste sorgen. (und sonst gibts ja noch das Jodelfest...)
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Beitrag von lucern » 28. Mär 2008, 12:55

Habe mal ne Frage bzgl. Ticketkauf. Hab eine Seite gefunden, bei welcher eine Firma aus Irland Tickets für alle Spiele zu einem mehr oder weniger anständigen Preis verkauft.

http://www.ameurotickets.com/

was meint ihr? kann man das ernst nehmen oder läuft man da gefahr, dass man trotz einzahlung keine tickets erhält?

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Beitrag von Yoda » 28. Mär 2008, 13:05

Irgend was stinkt bei dieser HP, würde die Finger von lassen...
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Beitrag von kutte » 28. Mär 2008, 13:07

200% guarantee


die einzige garantie bei solchen ganoven ist wohl die: du siehst dein geld garantiert nie wieder.
nette stadionkneipen in der haupttribüne, die kleinere, über eine metalltreppe zu erreichen welche sicher schon manchem schwierigkeiten bereitet hat, nimmt uns warm auf. allerdings dürfte keiner schwierigkeiten mit dieser wirklich gut beleuchteten - und auch mit hilfsbereiten vorlokalitätkräften besetzten - treppe haben der das abenteuer pissoir im rausch - oder anrausch - souverän umschifft hat. eine blechbarakene, überdachte pissrinne, deren eingang sich zurückzieht wie der scham einer frau zwischen zwei langen, weit geöffneten beinen. geile konstruktion, ohne jedes licht - das fördert die phantasie, bringt aber natürlich auch gefahren mit sich.

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Beitrag von lucern » 28. Mär 2008, 13:09

ja, das ganze kommt mir auch ein bisschen gar freundlich daher. falls man tickets für über 1499€ bestellt, erhält man bis 31.3. noch 30% rabatt... da muss was faul sein.

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Beitrag von g.love » 28. Mär 2008, 13:22

bluewhite pride hat geschrieben: Beurteilen kann man diese Euphorie aber wohl erst ganz kurz vor der EM.


Was, wenn die Schweiz im Eröffnungsspiel gegen Tschechien Zauberfussball spielt und das Spiel disussionlos mit 4:0 gewinnt?


Ähm ... nein. Ich glaube auch nicht daran. *hust*.

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Beitrag von Raubi » 28. Mär 2008, 13:26

Die Hoffnung stirbt zuletzt...*phrasendresch*
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Beitrag von schmeda » 28. Mär 2008, 16:24

Ueli Kägi, Tagesanzeiger hat geschrieben: Köbi Kuhn und das Prinzip Hoffnung

Das Schweizer Nationalteam ist ein Hort der Probleme. Die Spieler sind verletzt oder ausser Form, der Trainer findet keine Lösungen für die Probleme.


Köbi Kuhn sagte: «Es gibt nicht viel schönzureden.» Oder: «Wir haben uns fast ein wenig amateurhaft angestellt.» Später wiederholte er sich oft, mit anderen Worten vielleicht, aber mit den gleichen Aussagen. Einer fragte noch: Köbi Kuhn, das war jetzt die vierte Niederlage in Folge, welches Rezept haben Sie gegen diese Negativspirale? «Es gibt ein einfaches Rezept», antwortete Kuhn, «das nächste Spiel gewinnen.» Im Fussball müsse man abhaken können. «Das sind die Weisheiten, etwas anderes kann ich im Moment nicht hervorbringen.»

Dann durfte Kuhn vom Podium steigen an dieser Medienkonferenz, zusammen mit Jogi Löw. Es musste eine Erlösung sein nach diesem 0:4 gegen Deutschland. Beim Abgang legte der Bundestrainer seinen Arm aufs Kuhns Schulter. Es war wie Vater und Sohn, nur umgekehrt. Löw tätschelte zwei, drei Mal mit seiner Hand. Er schien zu sagen: Das kommt schon gut. Das wäre dann nach dem Prinzip Hoffnung gewesen und hätte bestens gepasst zum Abend.

Die Schweizer Nationalmannschaft ist rund 70 Tage vor der Europameisterschaft wieder dort angekommen wo sie gemeint hat, schon gewesen zu sein in den vergangenen Monaten nach einem 1:3 gegen Kolumbien, einem 3:4 gegen Japan oder einem 0:1 gegen die USA: in der Ohnmacht. Und wie hätte Kuhn Erklärungen für eine Niederlage abgeben können, wo es in diesem Team so viele Ansatzpunkte gibt für dieses 0:4 und die wiederkehrenden Rückschläge dieser Mannschaft?

Tore und Gegentore

Die Schweiz produziert nicht die Offensivspieler, um auf höchstem europäischem Niveau zwei, drei Tore pro Match zu erzielen. Sie hat sich 2004 für die Europameisterschaft und 2006 für die Weltmeisterschaft qualifiziert, weil sie unangenehm zu spielen und schwer zu besiegen war. Weil sie defensive Qualität hatte und Alex Frei offensiv sein Tor erzielte. Sie hat ihre Stabilität in den vergangenen Monaten verloren. Zuletzt blieb sie vor elf Spielen gegen eine zweitklassige Jamaica-Auswahl ohne Gegentor. Von den 17 Spielen seit der WM stehen mit dem 2:1 gegen Holland und dem 1:1 gegen Argentinien ein ganzer und ein halber Höhepunkt.

Der Risikofaktor

Philippe Senderos ist als Kopf der Schweizer Abwehr vorgesehen. Nur spielt der Innenverteidiger bei Arsenal nur noch, wenn einer seiner Konkurrenten ausfällt. Senderos steht als Beispiel für die Mannschaft, er hat sich seit der WM nicht weiter entwickelt. Er ist ohne Ausstrahlung und in der aktuellen Form ein Risikofaktor, er fand gegen Deutschland die Bindung zu Eggimann nicht. Nur kann Kuhn nichts dafür, dass sich Ersatzlösungen nicht anbieten. Djourou ist bei Arsenal ebenso meist Ersatz wie Senderos. Müller erholt sich von einem Kreuzbandriss. Von Bergen findet sich gerade erst in der Bundesliga zurecht und bietet mit seinen 181 Zentimeter Länge nicht den zuallererst verlangten Typ im Geschäft der 1,90-m-Männer. Alternativen gibt es nicht.
Unglückliche Serien

13 Nationalspieler stehen auf der Liste der Problemfälle. Sie sind oder waren lange verletzt (Magnin, Streller, Müller, Margairaz, Philipp Degen; Frei, Dzemaili, Djourou). Sie sind ohne Stammplatz in ihren Klubs (Senderos, Djourou, Vonlanthen, Frei, Dzemaili, Gygax, Magnin). Sie sind unkonstant (Gygax). Sie haben sich im Nationalteam noch nicht bewiesen (Nkufo). Sie sind noch nicht so weit (Derdiyok). Oder sie fühlen sich selbst nicht mehr richtig bereit für diesen physischen internationalen Fussball (Hakan Yakin). Captain Frei fällt nun auch am Wochenende aus, weil er gegen Deutschland eine Bänderdehnung am Sprunggelenk erlitt.

Die Systemsuche

Es hat deshalb nicht nur mit fehlendem Geschick zu tun, dass Kuhn kein passendes Schema findet für seine Spieler. Mit jedem Lösungsansatz brechen Problemzonen auf. Für das 4-4-2 mangelt es an Stürmern mit genügend Qualität. Wer könnte bei einem 4-2-3-1 im offensiven Zentrum stehen? Zieht Kuhn Barnetta dahin, ist das erstens nicht mehr Barnettas ideale Rolle und fehlt dann zweitens eine Lösung für links.

Gemein ist den Systemen nur, dass die Schweizer als Gemeinschaft ihre Ordnung nicht mehr finden. Gemäss dem Castrol Performance Index legten sie am Mittwochabend 123 Kilometer zurück, die Deutschen nur 112 und hatten trotzdem deutlich mehr Spielanteile. Und gemein ist den Systemen auch, dass Kuhn selten genug mit Inspiration gegen Schwierigkeiten vorgeht. Er reduziert Lichtsteiner entgegen dem Liga-Alltag zum Rechtsverteidiger und verschliesst sich damit Lösungsansätzen fürs rechte Mittelfeld. Er prüft Häberli von YB nicht im Angriff. Er vergisst Chiumiento, den spielfreudigen Dribbler und Einfädler, wie ihn die Schweiz sonst kaum bieten kann. Es ist Kuhns Schwäche, dass er selbst im Misserfolg oft am Alten festhält und nicht das Neue wenigstens versucht.

Die Kuhn-Diskussionen

Zum Geschäft gehört, dass mit dem 0:4 erneut über Kuhns Position diskutiert wird. Ottmar Hitzfeld wird im Sommer sein Nachfolger, Hitzfeld wird auch nun von der einen und anderen Seite gefordert werden. Es ist eine unnötige Diskussion. Der DFB hatte vor zwei Jahren mit Hitzfeld gesprochen, als Deutschland mit Jürgen Klinsmann vor der Heim-WM und nach dem 1:4 in Italien in der tiefen Krise steckte. Damals wäre er zur sofortigen Übernahme bereit gewesen, wenn die Mannschaft im Frühjahr auch noch gegen die USA verloren hätte. Dieses Mal wird er es nicht sein. Die Meisterschaft mit den Bayern endet am 17. Mai. Danach geht der Klub auf Werbereise nach China. Hitzfeld freut sich darauf.

Das fehlende Leben

Die Schweiz kann sich daran gewöhnen, dass Inler und Barnetta derzeit die auffälligsten Spieler sind. Lichtsteiner überzeugte am Mittwoch mit seinem Zug und seiner Kraft, Goalie Benaglio war mitschuldig am 0:1, aber danach fehlerfrei. Nur genügen vier von elf nicht, um von Leidenschaft und Freude zu erzählen. Diese Mannschaft war eigenartig leblos und frei von Kreativität. Es fehlte ihr auch an Physis und Bereitschaft, sich einem Gegner von deutscher Kraft entgegenzustellen. Sie konnte kein Tempo entwickeln. Von den individuell ausgestellten Trainingsplänen ist bei der Erfolgskontrolle im Spiel nichts zu erkennen. Das erste Gegentor genügte wieder einmal, um nach einer ansprechenden Phase den Untergang einzuleiten. Auf ein 0:1 kann die Schweiz offensichtlich nicht reagieren.

Und so bleibt tatsächlich nicht viel mehr als die Hoffnung. Auf wundersame Genesungen. Auf bessere Trainings und stärkere Spieler. Auf Aufstiege der Ersatz- zu Schlüsselspielern. Auf die Rückkehr des Selbstvertrauens. Auf sonnige Tage und lodernde Feuer im Juni 2008. Es kann alles anders sein, dann, gegen die Tschechen. Beim Eröffnungsspiel der EM. Diesen Ansatz verfolgt Alex Frei, Berufsoptimist in Tagen ohne Tore und Siege. Als der Abend im St.-Jakob-Park zu Ende ging, kündigte er an: «Ich weiss: Am 7. Juni werden wir eine andere Mannschaft sehen.»

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Beitrag von Barracuda » 31. Mär 2008, 15:15

Fordere EM-Stammplatz für Flankengott Claudio Lustenberger! :zensur:
Reto Mattmann (Stadionverantwortlicher) in der NLZ am 06.08.2009 hat geschrieben:«Manchmal muss man halt auch eigene Wege gehen, vor allem wenn Reglementstheorie und Realität weit auseinanderliegen»

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Beitrag von MäcBier » 31. Mär 2008, 23:11

EURO-Magazin heute:

Affentheater!

45-minütiges gequasel & sinnlose Diskussionen...
Fuck off NLZ!

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Sektion NW
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Beitrag von Sektion NW » 31. Mär 2008, 23:20

EM - Ziel wurde arg zurückgesteckt!!! Grosse Fresse von wegen Europameister und jetzt den Schwanz einziehen.
Football is for you und me, not for the fucking industry!

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Beitrag von Hans » 1. Apr 2008, 01:50

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Beitrag von Lucerna » 4. Apr 2008, 00:31

General «Alles egal»
Von André Grieder

Es stört ihn nicht, wenn die Spieler rauchen, und meistens ist er beim Einkaufen, wenn sie ihn erreichen möchten. Die Matchvorbereitung eröffnet Köbi Kuhn mit der Floskel: «Es gibt nichts Neues.» Sogar sein Vorgesetzter gestand, dass der Nationaltrainer 2006 kurz vor der Entlassung stand.

Nichts mehr zu sehen von stilsicherem Kombinationsfussball. Vor zwei Jahren begeisterten die Schweizer mit Passfolgen über mehrere Stationen und herausgespielten Chancen. Sie dominierten zeitweise Italien, den späteren Weltmeister, waren Frankreich ebenbürtig, dem nachmaligen Vizeweltmeister. Das Team von Köbi Kuhn war herangerückt an die grossen Fussballnationen. Auch das Ausland zollte ihm Respekt.

Vergangene Zeiten. Seit einem Jahr schockiert die Schweiz mit Befreiungsschlägen Richtung Gegner und Ballverlusten in der eigenen Hälfte. Das 0:4-Debakel gegen Deutschland vergangene Woche war die vierte Niederlage in Serie. Das Ausland findet es bestenfalls noch amüsant, dass die Schweizer den EM-Titel-Gewinn anvisieren.

Aber Köbi Kuhn sitzt – branchenfremd – fest im Sattel.

Die Fussballexperten von Blick bis Tages-Anzeiger kritisierten nach dem Test gegen Deutschland wohl akribisch seine taktischen Fehlgriffe und Coachingmängel, wollten uns aber schliesslich weismachen: Köbi ist trotzdem der Richtige! Er könne ja nichts dafür, dass Nkufo langsamer sei als Gomez; Senderos irrlichtere, wenn Müller ihn nicht führe; Captain Frei nach langer Verletzungspause zu sehr mit sich selbst beschäftigt sei und seine Führungsaufgaben nicht erfüllen könne.

Nein, nein, Köbi wird’s irgendwie schon richten. Sind ja noch rund siebzig Tage bis zur EM.

Zweckoptimismus? Naivität? Aber, nein: Omertà!


Lob des Klumpfussballs

Viele Fussballjournalisten sind sich einig, dass Kuhn eigentlich ersetzt gehört. Das verschweigen sie freilich. Denn alle finden, dieser sympathische Mensch, verdienstvolle Trainer und Schweizer des Jahres 2006 habe es verdient, unsere Nationalelf auch an der EM zu führen. Man könne ihm doch keine Entlassung antun. Also schreibt der Journalist schön, was ihn eigentlich ärgert. Droht ein kritischer Geist die Omertà zu durchbrechen, bittet ihn Kuhns Berater Erwin Zogg um ein klärendes Gespräch mit dem Nationalcoach. Auf dass auch diese Ausnahme wider die fachliche Überzeugung den passionierten Lethargiker schützen möge. Vielleicht hofft ja dieser kritische Geist insgeheim ebenfalls auf die Unwägbarkeit des Fussballs. Dass zum Beispiel Ludovic Magnin im EM-Auftaktspiel gegen Tschechien nach ein paar Minuten Richtung gegnerischen Strafraum kurvt und den Ball ins entfernte Lattendreieck hämmert. Wie der Deutsche Philipp Lahm im WM-Eröffnungsspiel gegen Costa Rica. Dann, ja dann wäre wohl auch für die Schweiz alles möglich. Oder nicht?

«Lassen wir also Kuhn ruhig weiterwirken», sagen sich seine Sympathisanten, denn nicht einmal José Mourinho, Alex Ferguson oder Ottmar Hitzfeld könnten schliesslich den Erfolg garantieren. Zudem betonte kürzlich sogar Otto Rehhagel, Trainer des Europameisters Griechenland, nach dem Sieg in der Testpartie gegen Portugal: «Das kannst du alles vergessen. Das gilt vor dem ersten EM-Spiel nichts mehr.» Im Umkehrschluss folgt daraus: Das Debakel der Schweiz gegen Deutschland kann man vergessen. Es zählt einzig der 7. Juni.

Dergleichen Resthoffnung bleibt im chaotischen Fussball immer. Auch wenn in den Redaktionen die Meinung vorherrscht, Köbi sei verbraucht, er könne die Mannschaft nicht mehr weiterbringen, hätte schon nach der WM abtreten sollen, spätestens aber nach dem 1:3 vor einem Jahr gegen Deutschland.

Er redete damals den Klumpfussball seines Teams schön und warf später unschön den damaligen Captain Johann Vogel aus dem Kader. Der Verband diagnostizierte beim Coach Kommunikations- und bei den Spielern Konditionsdefizite, verpflichtete Adrian Knup als Teammanager und Otmar Keller als Fitnesscoach.

Knup entlastet jetzt den Antirhetoriker Kuhn, indem er die Pauseninterviews übernimmt und unter den Spielern für gute Stimmung zu sorgen versucht. Keller, ein ausgewiesener Fachmann, versah die Spieler mit einem individuellen Trainingsplan. Gegen die Deutschen wirkten die Schweizer trotzdem athletisch rückständig. «Die Deutschen waren wohl grösser und schwerer», sagt Keller, trotzdem könne man nicht von physischem Manko reden. «Die Schweizer haben international gute Werte, da wir quer vergleichen können.» Der langsam wirkende Senderos zum Beispiel sei schnell, vielleicht lediglich ein bisschen zu wenig agil. Das allerdings fiel in den Spurtduells von Senderos gegen Deutschlands Klose und Gomez jedem auf.

Nach dem 1:3 gegen Deutschland hatte Köbi Kuhn vor einem Jahr versprochen, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Im 0:4 gegen den gleichen Gegner war vergangene Woche davon nichts zu sehen. Immerhin sprach Kuhn danach von «amateurhaftem Verhalten» seiner Mannschaft und ihrer «Unterlegenheit in allen Belangen». Für Schönredner Kuhn sind das harte Worte, die sich aber auch gegen ihn selbst richten. Verbandspräsident Ralph Zloczower sagt heute trotzdem: «Köbi Kuhn ist auch an der EM unser Trainer.» Derselbe Zloczower, dem im trauten Kreis von Bundesrat Samuel Schmid und Chefredaktoren diverser Schweizer Blätter im Berner Hotel «Bellevue Palace» im Oktober 2007 rausrutschte, dass Kuhn vor einem Jahr am Rande der Entlassung gestanden habe. Bestätigen würde er das natürlich nie, aber Indizien dafür gab es schon damals zuhauf. Nach der Niederlage gegen Deutschland höhnten die Medien: «Fürchterlich!» (Aargauer Zeitung); «Horror-Show» (Blick); «Dieser Mannschaft droht der Zerfall» (Tages-Anzeiger). Sogar der von Amtes wegen diplomatische Zloczower redete plötzlich von «unannehmbarer Vorstellung» und kündigte an, vom Coach hören zu wollen, wie er dem «Abwärtstrend» begegnen wolle.


Verband verpasste Entlassung

Statt einen Trainerwechsel zu wagen, beschränkte sich der Verband auf Kosmetik, verpflichtete Knup sowie Keller, unterzog sich ebenfalls der Omertà – und verpasste die Chance, Ottmar Hitzfeld zu engagieren, als dieser noch in Engelberg Golf spielte und seinen Zwischenruhestand genoss. Hitzfeld heuerte in München an, will mit Bayern noch ein paar Titel holen und die traditionelle Abschlusstournee nach Asien geniessen, bevor er das Schweizer Nationalteam übernimmt. Christian Gross, die meistdiskutierte Zwischenlösung, ist zu clever, ausgerechnet jetzt einzuspringen. Ein anderer Messias ist nicht in Sicht.

Nein, nein, wir fahren mit Köbi Kuhn an die EM. Es spricht wenig dafür, dass das gutgeht.

Kuhn hat zweifellos Qualitäten. Der ehemalige Spitzenspieler versteht den Fussball und seine Akteure. Er übergibt ihnen Verantwortung und gewährt ihnen Freiheiten. Statt die im Hotelzimmer klandestin rauchenden Alex Frei und Jörg Stiel zu bestrafen, hockte er sich dazu. Nach dem Argentinier Enzo Trossero wirkte Kuhns Verständnis für die Eigenheiten und Ansprüche der Spieler befreiend. Das zahlte sich aus, weil auf dem Platz noch viel internationale Erfahrung vorhanden war. Mit Johann Vogel, Patrick Müller, Ricardo Cabanas, Raphaël Wicky, Pascal Zuberbühler. Diese Führungsspieler vereinten 343 Länderspiele auf sich, waren auslanderprobt und hatten manches Europacup-Spiel absolviert. Sie kompensierten die Kommunikationsschwäche ihres Coachs und schweissten das Team zusammen. Jetzt steht im Tor Diego Benaglio, und im Zentrum versuchen die ebenfalls jungen Gökhan Inler und Gelson Fernandes Einfluss aufs Team auszuüben. Das sind sehr talentierte Spieler, doch sie alle haben wenig Erfahrung und sind eher stille Typen.


Vogel störte die «Schulreisli»

«Kuhn ist ein Revoluzzer. Er hat in den letzten zwei Jahren seine Mannschaft total verjüngt», sagt FC-Basel-Trainer Christian Gross mit ironischem Unterton. Doch jetzt fehle dem Team «mentale Stärke». Weil Kuhn sich von Leistungsträgern getrennt habe, müsse er nun die richtige Mischung finden, die Zeit der Experimente sei vorbei.

Es fehlt vor allem ein Spieler wie Johann Vogel, den Kuhn vergangenes Jahr schasste. Vogel war wegen seiner Ballsicherheit und seiner defensiven Ausrichtung sehr wichtig für das Kombinationsspiel der Schweizer und die Stabilität der Abwehr. Und er war unbequem, riet den Partygängern im Team, statt im Zürcher «Kaufleuten» die Nacht durchzutanzen, mehr zu trainieren. Vogel war einer, der die Schuelreisli-Atmosphäre während der Nati-Zusammenzüge störte. Die jungen, unerfahrenen Spieler wagen das nicht. Valon Behrami monierte sie wenigstens einmal (Weltwoche, Nr. 13/2007) und wurde dafür vom Verband abgestraft. Andere beklagen sich bei ihren Beratern darüber, dass die Tage in Feusisberg beelendend seien, fast nur aus Fototermin, Sponsorentreffen, Anzugprobe, Jassen und Gamen bestünden; dass kaum trainiert werde; dass ihnen der Coach in der Hotel-Drehtüre mitteile, ob sie spielen; dass Jungstar Eren Derdiyok ungestraft mit dem Handy am Ohr auf den Trainingsplatz marschiere; dass Kuhn die Matchvorbereitung mit der wenig motivierenden Floskel beginne, es gebe nichts Neues mitzuteilen; dass sie ohne klar umrissene Aufträge ins Spiel gingen; dass für eine Systemänderung ein einziges einstündiges Training nicht genüge; dass Köbi Kuhn schwer zu kontaktieren sei, weil immer seine Frau Alice das Telefon abnehme und ihren Mann damit entschuldige, er sei gerade am Einkaufen.

Klar, nach vier Niederlagen in Serie fände man auch bei Weltklassetrainern wie Alex Ferguson oder José Mourinho Mängel, würde mancher Spieler seinen Frust mit ähnlichen Lächerlichkeiten verbalisieren.

Auffallend am Fall Kuhn ist jedoch, wie verbissen die Spieler ihren Coach gegen aussen in Schutz nehmen und ihre Eigenverantwortung herausstreichen. Als ob sie akzeptiert hätten, dass Kuhn halt ihr Väterchen Trott sei und sie von ihm nichts Neues, Motivierendes zu erwarten haben. «Das Team müsste mehr machen, müsste mehr Eigenverantwortung übernehmen», sagt Pascal Zuberbühler, «Köbi Kuhn wird sich nicht ändern, wird nicht plötzlich die Spieler an die Wand stellen und anschreien.» Captain Alex Frei findet die Kritik am Trainer «eine Frechheit» und verspricht im Sonntagsblick, dass die Schweiz am 7. Juni «hundert Prozent parat» sein werde – weil «die Führungsspieler als Beispiel vorangehen und die anderen mitziehen werden». Man werde und müsse sich «gemeinsam zusammenraufen». Sogar Experten wie Christian Gross und GC-Sportchef Erich Vogel zählen vor allem auf EM-euphorisierte und speziell motivierte Akteure.


Defätistische Gleichgültigkeit

Das hat mehr mit frommem Glauben zu tun als mit Professionalität. «Köbi kann nur noch den Rosenkranz beten», urteilt Angelo Semeraro, Johann Vogels Berater. Natürlich ist er parteiisch, hat er Kuhn die Ausbootung seines Mandanten nie verziehen. Doch Semeraros Bonmot hat etwas für sich. Im Umfeld des Schweizer Nationalteams greift eine defätistische Gleichgültigkeit um sich. Alle scheinen sich abgefunden zu haben mit dem amateurhaften Zustand auf und neben dem Rasen. Selbst wenn er für jeden aufmerksamen Beobachter sichtbar ist. Als Deutschlands Lukas Podolski sich für die Einwechslung gegen die Schweiz warm lief, machte ihm ein Assistent von Bundestrainer «Jogi» Löw jede Übung vor. Der Schweizer Ersatzspieler Blaise Nkufo trabte derweil einsam und lustlos zwischen der Pausenattraktion eines EM-Sponsors herum.

Es ist leider nicht nur diese scheinbare Nebensächlichkeit, die wenig Gutes für das EM-Abenteuer der Schweiz verspricht. Schwerer wiegen könnten Köbi Kuhns mangelnde Matchvorbereitung und sein unentschlossenes Coaching. Nach dem 0:0 im WM-Qualifikationsspiel gegen die Ukraine hatte er lange auf der Bank verharrt und vor sich hin gestarrt. Dann erst trat er zu den Spielern und versuchte die Penaltyschützen zu bestimmen. Während ein Trainer wie Australiens Guus Hiddink das sehr entschlossen mit einer Liste tat, die jede Variante voraussah, improvisierte sich Kuhn durch die möglichen Schützen. Der Rest begann mit einem rasant züngelnden Marco Streller und endete mit drei verschossenen Elfmetern.

Gegen Deutschland testete Kuhn ein neues System mit zwei Spitzen und vier Mittelfeldspielern in Rautenform. Ist es gescheit, gegen diesen Gegner wenige Wochen vor EM-Beginn zu experimentieren?

Frage an den Schweizer Urs Siegenthaler, der als Deutschlands Cheftaktiker amtet.

Er lacht und entgegnet, er wolle nichts sagen, er habe das Spiel auch gar nicht live gesehen. Man hakt nach: «Hat Köbi Kuhn mit seiner Taktik den Deutschen in die Karten gespielt?» Siegenthaler lacht jetzt lauter und sagt gar nichts mehr.

Man legt seine eigenen Gedanken aus: «Klar darf Kuhn Tranquillo Barnetta hinter den Spitzen testen. Aber er hätte das Experiment spätestens in der Pause abbrechen müssen, statt ein weiteres Beispiel seiner Unentschlossenheit zu liefern.»

Nun prustet Siegenthaler nur noch vor sich hin und wiehert dazwischen: «Sehr schön, in der Trainerausbildung hätte ich Sie dafür mit einer Fünf belohnt.»

«Apropos Trainerausbildung, Herr Siegenthaler, Sie waren Kuhns Lehrer. Wie war er denn so?» Jetzt hat der Cheftaktiker der Deutschen genug: «Schauen Sie, ich habe beim Deutschen Fussball-Bund einen Superjob.» Es sollen sich heimische Experten kritisch zur Schweizer Nationalmannschaft äussern.


Philosophie der Grautöne

Das tun sie aber nur hinter vorgehaltener Hand. Die Deutschen sind nicht nur fussballerisch professioneller, sondern auch in ihrer Kritiklust. In der Schweiz pflegt man lieber das Kollegialitätsprinzip, statt Klartext zu reden. Bei Köbi Kuhn fällt das besonders leicht. Ihn muss man einfach mögen. Er ist authentisch, hat Humor und tränende Augen, wenn sein Team versagt. Titelt der Blick «Köbi, du Wurst», wirkt dieser Satz eines Fans wie ein freundschaftlicher Tadel und nicht wie bösartige Kritik. Köbi ist einer von uns allen. Der Büezer mag seine Bescheidenheit, der Bankdirektor seine Genügsamkeit und der Intellektuelle seine Authentizität. Köbi Kuhn kann man nicht hassen, höchstens bemitleiden. Anders bei Arthur Jorge. Als der Portugiese Frauenschwarm Alain Sutter und Tormaschine Adrian Knup aus dem Kader für die EM 1996 kippte, brandete diesem schnauzbärtigen Intellektuellen schweizweit eine Hasswelle entgegen. Dabei hatte er durchaus stichhaltige Argumente für den Verzicht auf Sutter und Knup.

Köbi Kuhn indessen wird selten konkret. Er betont immer wieder, dass Kritik intern geübt werde, und flüchtet sich gerne in Halbphilosophisches. Es gebe für ihn nie nur Schwarz oder Weiss. Es gebe immer Grautöne, auch im Fussball. Im Interview mit der Sonntagszeitung sagte er, eigentlich interessiere ihn die Kritik nach dem 0:4-Debakel gegen Deutschland nicht, er habe gut geschlafen und werde das auch die nächsten Nächte tun. Es komme, wie es komme, und dann heisse es, das Beste daraus zu machen. Hier spricht ein Konservativer, der als Fussballer viel Erfolg hatte, als Versicherungsagent in Konkurs ging, als Trainer lange untendurch musste und als Ehemann schon mal vor verschlossener Türe steht, wenn er zu spät nach Hause kommt.

Christian Gross ist ehrgeizig, Arsène Wenger kultiviert, Ottmar Hitzfeld schlitzohrig – Köbi Kuhn ist bieder und rechtschaffen. Das passt zur Schweizer Mannschaft. Portugal hat Cristiano Ronaldo, Tschechien Rosicky und die Türkei Emre. Das sind nicht nur Weltklassefussballer, sondern auch kantige Persönlichkeiten. Alex Freis Kantigkeit wirkt aufgesetzt, und fussballerische Weltklasse hat er auch nicht vorzuweisen. Nur wenn die Schweiz zurückfindet zum sicheren Kombinationsstil früherer Tage, kann sie an der EM die Gruppenspielphase überleben.

Wenn nicht, dann sind die Spieler schuld. Und wenn die Schweiz Europameister wird, wohl auch.

weltwoche.ch

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Beitrag von dragao » 4. Apr 2008, 01:27

word

grobes geschütz das hier aufgefahren wird.

Sammler
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Beitrag von Sammler » 6. Apr 2008, 11:21

Finde den Bericht in der "Weltwoche" genial. Klare, deutliche Worte, eine fundierte sachliche Kritik und damit das Beste, was ich zur Problematik Kuhn - Nati je zu lesen bekommen habe. Habe ihn schon einigen Kollegen empfohlen und deren Meinung ist einhellig: Besser gehts nimmer.
Sicher wird sich bis zur EM nichts mehr ändern. Für eine Ablösung Kuhns ist es ohnehin zu spät; er soll den Trümmerhaufen Nati gefälligst selber in Ordnung bringen, aber vielleicht regen solche Berichte dazu an, dass sich alle die es betrifft mal Gedanken darüber machen, damit sich solch notpeinlichen Auftritte, wie sie die Nati seit gut einem Jahr mehrheitlich zeigt, in Zukunft (spätestens nach der EM) auf ein Miimum reduzieren.

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Beitrag von schmeda » 8. Apr 2008, 11:58

www.blick.ch hat geschrieben:Hitzfeld räumt auf


«Wer darf im Nati Staff bleiben? Wer muss gehen?» fragte BLICK vor ein paar Wochen. Eine durchaus gerechtfertigte Frage! Unter dem neuen Nati-Trainer Ottmar Hitzfeld gibt es personelle Änderungen. Das dritte Opfer heisst wohl Adrian Knup.


Wie blick.ch exlusiv berichtete, wird der bisherige und in der Vergangenheit scharf kritisierte Medienchef Pierre Benoit in der Ära Ottmar Hitzfeld zurückgestuft. Als neuer Medienchef wird Sportjournalist Marco von Ah (Neue Luzerner Zeitung) amten. Dieser machte zur Bedingung, dass Benoit in einer anderen Position beim SFV bleiben darf. Glück gehabt!

Das zweite Opfer heisst Erich Burgener. Ersetzt wird der Goalietrainer durch No-Name Willi Weber. «Ich bin von Hitzfeld enttäuscht», lässt sich der 64-fache Nationalspieler nach seinem Rausschmiss zitieren. Er sei nicht von Hitzfeld persönlich über seinen Rauswurf informiert worden.

Zum Hitzfeld-Opfer Nummer 3 avanciert nun Team-Manager Adrian Knup. Dies berichtet die Gratiszeitung «News». Burgener bestätigt: «Ich weiss, dass auch Adrian Knup nicht mehr erwünscht ist.»

Laut BLICK kursieren seit längerem Gerüchte, wonach Stéphane Chapuisat Knups Nachfolger werden soll. Chappi feierte zusammen mit Hitzfeld den Champions-League-Sieg mit Dortmund im Jahre 1997.

Nur einer darf weiterhin ruhig schlafen: Mit Michel Pont hat Hitzfeld den bisherigen Assistenten von Köbi Kuhn übernommen. Pont hilft Hitzfeld, der kein Französisch spricht, die Kommunikation mit den welschen Nati-Spielern sicherzustellen.

Und Hitzfeld selber? Der Lörracher äussert sich bis zum 1. Juli nicht mehr über die Schweizer Nati. Und lässt statt Worten lieber Taten folgen. Eigentlich ganz untypisch für SFV-Verhältnisse.

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